Konfetti, Kostüme, Karneval, Karacho: Auf ihrer „artRAVE: The Artpop Ball Tour“ hinterlässt US-Popdiva Lady Gaga viel Papier in der ausverkauften O2 World Hamburg. Und 12.000 Fans mit tauben Ohren und flackernden Augen. Ein Bild der Veranstaltung gibt es nicht.
Hamburg. Bislang schien eigentlich nur der Himmel die Grenze für Lady Gaga zu sein. Aber auch das könnte sich bald ändern. Dieses Jahr erledigt die New Yorker Sängerin noch ein paar irdische Einträge auf der To-Do-Liste, bevor sie in neue Sphären entweicht. So überraschte sie mit „Cheek To Cheek“, einem Duettalbum mit Alt-Entertainer Tony Bennett, das zu Recht gefeiert wurde für sein Schwelgen in klassischen Jazzstandards, voller Wärme, Leidenschaft, Hingabe. Alte Schule. Die neue Schule gibt es auf der „artRAVE: The Artpop Ball Tour“, die am Freitag in der ausverkauften O2 World hält.
Dort erscheint die Gaga nach gefühlt stundenlanger Bumsbuden-Electro-Beschallung und einem Techno-Intro, wie man sie kennt: Als Mischung aus Venus und Engel kommt sie aus dem Boden der weitläufigen Bühne gefahren und startet mit "Artpop", "G.U.Y." und "Donatella" eine zwei Stunden lange, spektakulär durchgeplante und irre laute Show. "Willkommen, Bienvenue, Welcome".
12.000 Zuschauer verfolgen das Durcheinander aus Tänzern, Band, Licht- und LED-Effekten und naschen aus diesem überkandierten popmusikalischen Bonbonladen mit den Sorten ABBA, David Bowie, Michael Jackson, Madonna. Disco, Pop, Electro, Rock („Yoü And I" macht seinem Heavy-Metal-Umlaut alle Ehre), Solo am Piano und Akustik-Set drehen sich im Kreis und ein Rollenspiel jagt das nächste bei „Venus“, „Pokerface", „Telephone“ oder „Judas“.
Lady Gaga als Engel verschwindet kurz und taucht als Barbarella im Silberbikini und mit Monsterföhnwelle wieder auf. Oder mit blonder Perücke in weiß glitzernder Haute Couture. Oder als Cruella De Vil aus "101 Dalmatiner". Oder als Lack- und Leder-Vamp. Noch auf der Bühne lässt sie sich von drei Bediensteten vor "Bad Romance" in eine japanische Cosplay-Fantasie verkleiden. Und noch mehr Blitze, noch mehr Licht, noch mehr Konfetti. Zehn Salven feuern die Schnipselkanonen im Lauf des Abends ab.
Steht eigentlich ein Epilepsie-Warnhinweis auf den Eintrittskarten? Angebracht wäre er zumindest. Und wenn einem nicht die Effekte, Kuscheltierhagel oder die großartig schrägen Kostüme einiger Besucher Tränen in die Augen treiben, dann der weinende Fan, der bei "Born This Way" mit Gaga am Piano sitzen darf. Süß!
„Artpop“, das 2013 erschienene dritte Studioalbum, sollte laut Gaga ein Pendant zu einem nächtlichen Clubbesuch sein. Aber das Konzert dazu zeigt: Diesen Club gibt es auf dieser Welt nicht, das wird spätestens nach der Zugabe „Gypsy“ klar. Der muss sich auf einem anderen Planeten befinden. Aber hier auf Erden hat Lady Gaga ja eh alles erreicht. Und so plant sie, im Frühjahr 2015 beim ersten kommerziellen Weltraumflug von Virgin Galactic in der Schwerelosigkeit zu singen. Aber das steht noch in den Sternen. Ihre Fans verlassen die O2 World und steigen auch in einen Shuttle. Reisehöhe: 40 Zentimeter. Ein Bus.
Lady Gaga zensiert Fotos
Lady Gaga will die Fotoberichterstattung über ihre Artpop Ball Tournee selbst scharf zensieren. Unabhängige Fotografen, die für Nachrichtenagenturen, Zeitungen und Magazine arbeiten, sollen Knebelverträge unterschreiben, bevor sie eine Akkreditierung bekommen. Die Deutsche Presse-Agentur dpa weigerte sich vor dem Hamburger Konzert an diesem Freitag in der O2 World und wird keine Bilder machen.
Auch das Hamburger Abendblatt weigerte sich bereits, die Zensurbemühungen von Künstlern wie Cecilia Bartoli zu akzeptieren. Das Abendblatt druckte einfach kein Foto der Sängerin und löste eine gewaltige Diskussion über Medienfreiheit, Zensur und PR-Kosmetik aus.