Staatsrat Jan Pörksen sagte am Montag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft aus, der sich mit dem Tod der Dreijährigen befasst: „Natürlich tragen wir die politische Gesamtverantwortung.“
Hamburg. Hamburgs Sozialbehörde hat die politische Verantwortung für den gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur übernommen. „Die politische Verantwortung für das Gesamtsystem der Jugendhilfe in der Stadt Hamburg trägt die Leitung“, sagte Sozialstaatsrat Jan Pörksen (SPD) am Montag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft – und fügte an: „Natürlich tragen wir die politische Gesamtverantwortung.“ Am Abend sollte noch der Sachverständige Christian Schrapper von der Universität Koblenz-Landau als Zeuge aussagen.
Yagmur starb am 18. Dezember 2013 mutmaßlich durch die Hand ihrer Mutter an den Folgen von Misshandlungen, obwohl das Kind seit seiner Geburt von insgesamt drei Jugendämtern betreut worden war. Die 27 Jahre alte Mutter steht wegen Mordes vor Gericht. Der ein Jahr jüngere Vater muss sich verantworten, weil er das Kind nicht geschützt haben soll. Im Ausschuss geht es um die strukturellen und politischen Verantwortlichkeiten. Die Abgeordneten untersuchen, inwieweit den Behörden Versäumnisse anzulasten sind.
Pörksen betonte, der Tod der elfjährigen Chantal Anfang 2012 und der dreijährigen Yagmur Ende 2013 seien die schlimmsten Ereignisse in seiner bisherigen Arbeit als Staatsrat gewesen. Schon nach dem Fall Chantal seien zahlreiche Schritte unternommen worden, um derartige Fälle verhindern zu können. Auch deshalb habe ihn Yagmurs Tod „schwer getroffen“. Wie Yagmur stand auch Chantal unter dem Schutz des Jugendamts, starb aber dennoch an einer Überdosis Methadon. Die Elfjährige lebte bei drogensüchtigen Pflegeeltern.
Sozialstaatsrat Pörksen betonte in seiner mehrstündigen Zeugenaussage jedoch auch: „Es fehlt nicht in erster Linie an Regeln und Regularien.“ Vielmehr gehe es darum, die Regeln umzusetzen und dabei das Kindeswohl stets im Mittelpunkt aller Überlegungen zu sehen. „Wir erwarten (...), dass wie bei einem Arzt die Diagnose laufend infrage gestellt wird.“ Gerade für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), der Wächter und Helfer zugleich sei, sei das schwer. Auch deshalb sei im Frühjahr 2012 ein Qualitätsmanagement installiert und auch eine Jugendhilfeinspektion eingeführt worden.
„Der ASD braucht Unterstützung beim Erkennen von Kindesmisshandlungen“, sagte Pörksen. So müsse die Zusammenarbeit mit Staatsanwaltsschaft und Gerichten verbessert werden. „Hier hat es sicher Defizite gegeben“, räumte er ein. Gleichzeitig setzte er sich auf Bundesebene für eine Stärkung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. „Wir brauchen eine klarere Betonung des Kindeswohls“, sagte der Staatsrat. Gleichezeitig müsse darüber nachgedacht werden, ob in Einzelfällen das Recht der Eltern nicht auch zurückstehen müsse.
Ende August hatte der Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Andy Grote, Fehler seiner Behörde eingeräumt. „Wir waren nicht dicht genug an dem Mädchen dran, die Gefährdungssituation ist nicht richtig eingeschätzt worden“, sagte er. Gleichzeitig verwies er wie Pörksen auf zahlreiche Maßnahmen, die nach Yagmurs Tod umgesetzt worden seien, um derartige Fälle künftig zu vermeiden.