Rund ein Drittel der Gewerbeflächen steht leer: Am Überseeboulevard hat nun auch das La Baracca Insolvenz angemeldet. Der Betrieb hätte bereits im vergangenen Jahr eingestellt werden müssen.
HafenCity. „Betriebsruhe“ steht auf einem Schild am Eingang des Restaurants La Baracca. Dabei müsste es schlicht heißen: „Geschlossen“. Denn der Laden am Überseeboulevard, im September 2011 als „italienische Erlebnisgastronomie“ eröffnet und gefeiert, ist pleite und wird wohl an diesem Standort nie wieder öffnen.
Das Amtsgericht Hamburg hat am 1. September das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Überseeboulevard Service UG eröffnet und den erfahrenen Insolvenzverwalter Nils Krause eingesetzt.
Damit verliert die Flaniermeile, die so etwas sein sollte wie der Jungfernstieg der HafenCity, einen weiteren Mieter. Der Überseeboulevard ist offensichtlich kein gutes Pflaster für Unternehmer. Erst vor wenigen Wochen musste die Modeboutique „Etage Eins“, die vorher im Stilwerk erfolgreich etabliert war, aufgeben. Schon vor gut einem Jahr hatten die Betreiber des Designermodeladens „Stoffsüchtig“ Insolvenz anmelden müssen und ihren Laden geschlossen. Die Fluktuation ist hoch, mittlerweile stehen rund 30 Prozent der Gewerbeflächen leer. Damit überhaupt Flächen vermietet werden können, werden die Mieten von den Immobilieneigentümern subventioniert.
Auf Abendblatt-Anfrage formulierte es ein Sprecher der Überseequartier Beteiligungs GmbH so: Es sei Bestandteil des Einzelhandelskonzepts, dass „innovative Mieter, die neue Konzepte entwickeln, gefördert werden“. Auch im Fall des La Baracca sei eine „Anschubunterstützung durch gestaffelte Miete gewährt“ worden, so der Sprecher. Aber auch dies hat offenbar nicht mehr geholfen. Eigentlich hätte der Betrieb bereits im vergangenen Jahr eingestellt werden müssen, denn schon damals drehte die italienische CIR Group, die La Baracca bis dahin betrieben und finanziert hatte, den Geldhahn zu.
Die Food Concepts Holding SA in Luxemburg, an der auch die CIR und der Hamburger Unternehmer Bodo von Laffert (Sushi-Factory) beteiligt sind, vergibt nun die Lizenzen für das La-Baracca-Konzept. Kurzfristig wurde mit der Überseeboulevard Service UG ein Franchisenehmer gefunden. Allerdings räumt Unternehmer von Laffert ein: „Wir haben nur ganz geringe Lizenzgebühren genommen, weil wir ja um den schwierigen Standort wussten.“
Das sei auch der Grund, warum das La Baracca langfristig am Überseeboulevard nicht hätte erfolgreich sein können – obwohl die Umsatzzahlen von der neuen Betreibergesellschaft gesteigert worden seien. „Aber die Fläche ist mit 1000 Quadratmetern viel zu groß. Deshalb wäre auch eine Erhöhung der Miete nicht finanzierbar gewesen“, so von Laffert. Zur Insolvenz der Betreibergesellschaft an dem Standort hat nach Abendblatt-Informationen schließlich eine nicht einkalkulierte Forderung des Energieversorgers geführt, der nicht nachgekommen werden konnte.
Das La Baracca – inzwischen haben auch die Filialen in Düsseldorf und München geschlossen – galt zunächst als innovatives Gastronomiekonzept. Entwickelt hatte es Vapiano-Mitbegründer Mark Korzillius. Die Gäste bestellten über einen Tablet-Computer ihre Speisen. Zur Eröffnung im September 2011 war viel Prominenz in die HafenCity gekommen. Aber der große Ansturm blieb danach im Tagesgeschäft aus. Aus der La-Baracca-Pleite am Überseeboulevard hat auch die Überseequartier Beteiligungs GmbH gelernt: „Das Gastronomiekonzept des Überseequartiers wird überdacht. Bei der Nachfolge für das La Baracca ist eine Neuausrichtung angedacht“, so ein Sprecher. Es gebe bereits Gespräche mit Interessenten.
Doch was läuft überhaupt erfolgreich am Überseeboulevard? Vor allem der preisgünstige Mittagstisch. Es gibt zahlreiche Betriebe, die darauf setzen. Ein Vietnamese bietet ein All-you-can-eat-Büfett für 7,90 Euro an. Das Bistro Paris wirbt mit Gerichten ab 3,20 Euro zum Lunch: „Natürlich machen wir mit dem Mittagstisch den meisten Umsatz, hier müssen Preis und Leistung stimmen“, sagt Jan Röhe. Der Gastronom betreibt das Bistro seit mehr als drei Jahren und weiß: „Hier ist ab 18 Uhr nicht mehr viel los, deshalb richten wir uns nach der Nachfrage und machen im Winter auch schon mal um 19 Uhr zu.“
Jan Röhe ist zufrieden und sagt: „Die Einnahmen werden immer besser. Aber ein klassisches Abendrestaurant funktioniert hier nicht.“ Auch einige Modeläden gibt es noch. Seit gut zwei Jahren auch das Stilhaus Blocker, das von Kabir Ghafoori geführt wird.
„Wir haben uns eine Stammkundschaft aufgebaut und setzen auf diesen Standort“, sagt der Inhaber. Das eigentliche Problem des Überseeboulevards sei jedoch, dass der gesamte südliche Abschnitt in unmittelbarer Nähe des Kreuzfahrtterminals seit 2010 komplett brachliegt. Dort erinnert nur eine riesige Baugrube daran, dass hier mit dem Überseequartier das zentrale Geschäftszentrum der HafenCity entstehen sollte. Im Zuge der Finanzkrise war der Bau des Überseequartiers ins Stocken geraten. Die bisherigen Investoren wollen aus dem Projekt aussteigen, die HafenCity GmbH sucht nach einem neuen Investor, der mindesten 800 Millionen Euro ausgeben müsste.
Die gute Nachricht: Es soll laut Sprecherin Susanne Bühler bis Ende des Jahres eine „vertragliche Entscheidung mit einem Investor fallen“. Auf eine zügige Umsetzung hofft auch SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf: „Diese Brachfläche muss dringend bebaut werden. Denn dass die Gewerbetreibenden am Überseeboulevard Probleme haben, hängt auch mit dem halb fertigen Überseequartier zusammen.“ Es ist kein Geheimnis, dass die SPD Druck auf die HafenCity GmbH ausübt, damit endlich der südliche Abschnitt des Überseequartiers realisiert werden kann.
Bodo von Laffert sieht eine Zukunft für das La Baracca: „Es gibt Interessenten. Allerdings nicht am Standort HafenCity – und nicht mehr auf 1000 Quadratmetern.“