Teil 1: Udo Lindenberg besang einst das Mädchen aus Ostberlin. Abendblatt-Redakteur Peter Wenig verliebte sich in eine Frau „von drüben“. Seine Geschichte ist der Auftakt einer Serie zum Mauerfall.

Stell dir vor, du kommst nach Ostberlin, und da triffst du ein ganz heißes Mädchen, so ein ganz heißes Mädchen aus Pankow, und du findest sie sehr bedeutend, und sie dich auch.

(Udo Lindenberg, „Mädchen aus Ostberlin“)

Ab und an spielen sie dieses Lied noch im Radio. Mehr als 40 Jahre ist es alt, geschrieben hat es Udo Lindenberg Anfang der 1970er, als er sich auf der Friedrichstraße in Ostberlin unsterblich in ein Mädchen namens Manuela verliebt hatte. Schon beim ersten Treffen wurde sie schwanger, Lindenberg schmiedete mit Fluchthelfern Pläne, sie rauszuholen. Doch beim nächsten Besuch in Ostberlin, Udo hatte den Verlobungsring in der Tasche, wartete statt Manuela die Stasi. Die große Liebe zerschellte an der Mauer. „Ich habe wirklich geglaubt, dass es für mich nie wieder eine andere Frau geben könnte“, hat er in seiner Autobiografie geschrieben.

Im Gegensatz zu Lindenberg mag ich weder Zigarren noch Eierlikör. Doch eines haben Udo und ich gemeinsam: eine Liebe in Zeiten der deutschen Teilung. Auch wenn mein Mädchen nicht aus Ostberlin, sondern aus Halberstadt kam, einem beschaulichen Städtchen in der Nähe von Magdeburg.

Meine Geschichte beginnt im Sommer 1984

Meine Geschichte beginnt im Sommer 1984 in Ungarn am Strand des Plattensees, in diesen Zeiten Urlaubsziel vieler DDR-Bürger. An einem lauen Sommerabend lernte ich ein Mädchen namens Birgit kennen. Sie war solo unterwegs. Was ich überaus charmant fand. Und sie auch. Denn ihr Freund, ein libyscher Gaststudent in der DDR namens Red, sei chronisch eifersüchtig, schlage sie auch schon mal. Eigentlich ein Arschloch, aber sie komme einfach nicht von ihm los.

Die gemeinsamen Tage am Balaton waren schön, die Trennung tat weh. Ein paar Wochen später hellte ein Brief mit einer Honecker-Briefmarke meinen Alltag zwischen Journalistik-Vorlesungen und dem Job bei der Stadionzeitung von Borussia Dortmund auf. Es sei doch sehr schön gewesen am Balaton. Ob ich nicht mal nach Halberstadt kommen könnte. Am besten bald. Denn der gute Red sei auf einem langen Heimaturlaub. Weit weg, in Libyen.

Dieser Brief sollte mein Leben verändern.

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