Im Prozess um den Tod der dreijährigen Yagmur hat am Freitag ein Polizist ausgesagt, der als erster am Tatort eingetroffen war. Er beschreibt, was während der Reanimationsmaßnahmen passierte.

Hamburg. Überraschend abgeklärt und neutral: So hat der Polizist, der am Freitag im Prozess gegen die Eltern der getöteten Yagmur aussagte, die Mutter des Mädchens am Tatort beschrieben. Der Beamte zählt zu den ersten Personen, die am 18. Dezember 2013 in der Wohnung der Angeklagten Melek und Hüseyin Y. waren, in der eine Ärztin die schwerverletzte Yagmur noch zu reanimieren versuchte. Die Dreijährige starb an den Folgen eines Leberrisses.

„Als die Notärztin den Tod des Mädchens feststellte, ist der Vater im Flur weinend zusammengebrochen“, berichtete der Polizeibeamte vor dem Landgericht. Sinngemäß habe er etwas wie „Sie kann doch nicht tot sein“ gerufen. Die Mutter hingegen habe weder geweint noch geschrien. „Sie ist ziellos durch die Wohnung gelaufen, hat ein Fenster geöffnet und gesagt, sie brauche Luft“, erinnerte sich der Zeuge.

Gewundert habe ihn auch, dass Melek Y. während der Reanimation in der Lage war, der Notärztin viele Fragen zu beantworten. „Wäre es mein Kind gewesen, ich hätte das nicht gekonnt“, sagte er. Als Yagmur gestorben sei, habe die Mutter zwar mitgenommen gewirkt. Aber sichtbar, etwa durch Tränen oder Hysterie, sei ihre Trauer nicht gewesen.

„Überrascht hat mich auch, dass sich die Eltern gegenseitig keinen Halt gegeben haben“, so der Zeuge. „Sie haben sich nicht in den Arm genommen und kein Wort miteinander gewechselt.“ Melek und Hüseyin Y. hätten sich während der Reanimation ihrer Tochter keines Blickes gewürdigt.

Sichtlich schwer fiel es dem Polizeibeamten über seinen Eindruck von Yagmur zu sprechen, als er die Wohnung betrat und das Kind auf dem Wohnzimmerboden um sein Leben rang. Der 31-Jährige musste mehrfach um Fassung ringen, als er von den zum Teil überschminkten Verletzungen berichtete: „Das Mädchen hatte diverse Blutergüsse im Bauchbereich, getrocknetes Blut an der Nase und besonders auffallende Verletzungen am Unterarm und an der Stirn.“ Die Mutter habe erklärt, das Kind sei einige Tage zuvor auf der Straße gefallen. „Das hielt ich für unglaubwürdig“, sagte der Polizist.

Auffallend seien auch die frischen Blutspuren auf der Matratze des Kinderbetts und auf dem Kopfkissen gewesen. „Insgesamt konnte eine natürliche Todesursache ausgeschlossen werden“, sagte der Polizeibeamte. „Es gab deutliche Hinweise auf ein Tötungsdelikt.“

Die Staatsanwaltschaft wirft Melek Y. Mord aus Hass auf ihre Tochter vor. Hüseyin Y. soll tatenlos mitangesehen haben, wie seine Frau Yagmur über Monate immer wieder misshandelte. Der Prozess geht Montag weiter.