Am vierten Verhandlungstag im Prozess gegen die Eltern der toten Yagmur spielte der Richter den Notruf ab, der in der Todesnacht bei der Polizei eingegangen ist. Die Mutter zeigte im Gerichtssaal keine Gefühlsregung.

Hamburg. „Rufen Sie schnell einen Krankenwagen. Meine Tochter ist aufgestanden, umgekippt und blau angelaufen. Sie kriegt keine Luft. Meine Frau hat gerade angerufen“: Hüseyin Y. klingt hilflos und verzweifelt auf dieser Aufnahme, die der Richter am vierten Verhandlungstag im Prozess gegen die Eltern der getöteten Yagmur aus Billstedt mehrfach vorspielte. Es ist der Notruf, der am 18.Dezember vergangenen Jahres um 5.12 Uhr bei der Polizei eingegangen war, nachdem Yagmurs Mutter, Melek Y., ihren Mann per SMS über den Zustand ihrer Tochter informiert hatte. Kurz darauf fanden Polizeibeamte das dreijährige Mädchen in der Wohnung des Ehepaares.

Melek Y., der die Staatsanwaltschaft Mord aus Hass auf ihre Tochter vorwirft, wirkte nervös, zeigte aber keine Gefühlsregung, während die Tonaufnahme am Freitag im Gerichtssaal zu hören war. Ein anderes Bild gab ihr 25-jähriger Mann ab: In sich gekehrt und traurig starrte er während der gesamten Verhandlung auf den Tisch vor ihm. Sagen wollte beide Angeklagten nichts zu der Tonaufnahme. Hüseyin Y. soll tatenlos mitangesehen haben, wie seine Frau die kleine Yagmur über Monate immer wieder misshandelte. Das Mädchen verstarb am 18. Dezember 2013 an den Folgen eines Leberrisses.

Die Kriminalbeamtin, die am Freitag als Zeugin aussagte, war die erste Ermittlerin, die die Nachbarn von Yagmurs Familie und die Erzieherinnen in der Kita nur wenige Stunden nach dem Tod des Kindes befragte. Demnach gab eine direkte Nachbarin in dem Mehrfamilienhaus in Mümmelmannsberg an, dass sie oft ein weinendes Kind gehört habe. Dabei habe es sich aber um ein „normales Weinen“ gehandelt. Insgesamt habe sich die Nachbarin allerdings sehr unkooperativ gezeigt. „Sie hat gesagt, dass sie da nicht mit hinein gezogen werden möchte“, so die Ermittlerin.

Nach Angaben der Zeugin hatte ein Nachbar erwähnt, dass er Melek Y. noch am Vortag gegen 17 Uhr gesehen habe. „Mit Yagmur auf dem Arm“, sagte die Polizeibeamtin. Andere Bewohner des Hause hätten von anderen Nachbarn gehört, dass es häufig Streit bei Familie Y. gegeben habe.

Sehr aufgeschlossen bei der Befragung hätten sich die Kita-Erzieherinnen gezeigt. „Eine Erzieherin beschrieb Yagmur als ein sehr aufgewecktes und fröhliches Kind“, sagte die Ermittlerin vor Gericht. „Ihr sind aber auch häufig blaue Flecken, Kratzer und Beulen im Gesicht des Mädchens aufgefallen.“ Auf Nachfragen bei der Mutter, habe diese immer erklärt, dass die Verletzungen beim Spielen mit dem Cousin oder Bruder entstanden seien. Yagmur besuchte die Kita nur knapp zwei Monate. Die Verhandlung gegen die Eltern wird am Mittwoch fortgesetzt