Klausmartin Kretschmer ist zahlungsunfähig, das Amtsgericht Hamburg hat das Insolvenzverfahren eröffnet. Unklar ist, was mit seinen Immobilien geschehen wird. Die Frage nach der Zukunft der Roten Flora ist weiter offen.

Hamburg. Noch vor wenigen Tagen betonte Insolvenzverwalter, der Hamburger Anwalts Nils G. Weiland, dass „das vorläufige Insolvenzverfahren einen offenen Ausgang hat“. Bereits seit mehr als einer Woche steht das Ergebnis fest, das erst jetzt bekannt wurde: Klausmartin Kretschmer, der Eigentümer der Roten Flora, ist insolvent.

Ein Finanzamt hatte bereits im April das Insolvenzverfahren gegen Kretschmer bei Gericht beantragt. Das Amtsgericht Hamburg hat dem nun stattgegeben (AZ: 67c IN 133/14), befindet Kretschmer für zahlungsunfähig. In einem früheren Bericht des Abendblattes zeigte sich sein Berater „überrascht“ vom Antrag des Finanzamtes. Es gehe um langwierige Steuerstreitigkeiten, die zum Teil auch bereits vor den Finanzgerichten ausgetragen worden seien. Einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Roten Flora gebe es nicht.

Unklar ist jetzt allerdings dennoch, was mit der Roten Flora, und den anderen Immobilien Kretschmers wie die Riverkasematten etwa, geschehen wird. Fest steht: Der SPD-Senat will das seit bald 25 Jahren besetzte Theater zur Wahrung des Friedens in der Stadt von Kretschmer zurückkaufen – was dieser jedoch verweigert. Kretschmer möchte statt eines Verkaufs auf dem Grundstück am Schulterblatt ein fünf- bis sechsgeschossiges kommerzielles Kulturzentrum errichten und hat entsprechende Bauvoranfragen gestellt.

Für die Stadt wiederum stellt dies einen Vertragsbruch dar, da jedwede Veränderung an dem Gebäude vorher von der Stadt abgesegnet werden müsse. Sie hatte ihn Anfang des Jahres aufgefordert, das „vertragsbrüchige Verhalten“ zu beenden, und gleichzeitig angeboten, das Gebäude für 1,1 Millionen Euro zu erwerben.

Da Kretschmer die Frist zur Zustimmung verstreichen ließ, betreibt die Stadt nun den Zwangsrückkauf des Gebäudes – aber nicht für 1,1 Millionen Euro, sondern nur zu dem 2001 von Kretschmer bezahlten Preis in Höhe von umgerechnet 190.000 Euro. So war es im Kaufvertrag vereinbart für den Fall, dass der selbst ernannte „Kulturinvestor“ sich nicht vertragstreu verhält. Die juristisch entscheidende Frage ist nach Ansicht von Experten, ob Kretschmer dieses vertragswidrige Verhalten nachgewiesen werden kann oder ob das Stellen von Bauvoranfragen nicht dazugehört. Tatsache ist andererseits, dass allein diese Anfragen zum Teil gewalttätige Proteste der linken Szene ausgelöst hatten.

Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) bestätigte auf Abendblatt-Anfrage jedenfalls, dass der Senat an seinem Kurs festhalte: „Die Stadt wird ihre Rechte aus dem Kaufvertrag zur Immobilie Schulterblatt 71 weiterhin geltend machen und ihre Interessen auch im Insolvenzverfahren verfolgen.“

Jegliche Vermutung, der Senat habe im Hintergrund Einfluss auf das Insolvenzverfahren genommen, wies Tschentschers Sprecher Daniel Stricker zurück: Der Finanzsenator habe zwar die fachliche Aufsicht über die Finanzämter und lasse sich auch regelmäßig über einzelne Besteuerungsverfahren informieren. „Er nimmt aber grundsätzlich keinen Einfluss auf die steuerlichen Verfahren oder auf die Entscheidungen und das Vorgehen der Finanzämter.“ Daher wollte die Behörde sich auch unter Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht zum Fall Kretschmer äußern.