Deutscher Olympischer Sportbund will keinen kostspieligen Wettstreit zwischen Berlin und Hamburg. Einigkeit herrscht in den vier Rathausfraktionen, dass das IOC dem bisherigen Gigantismus abschwören muss.

Hamburg. Der Hamburger Senat macht Tempo bei der Vorbereitung einer möglichen Olympiabewerbung für die Jahre 2024 oder 2028. Unter Federführung der Innenbehörde wird derzeit eine Projektgruppe mit Fachleuten aus allen Behörden zusammengestellt, die im nächsten halben Jahr eine Machbarkeitsstudie entwickeln soll. Auch die Parteien kommen in Fahrt. Am Mittwoch soll in der Bürgerschaft ein interfraktioneller Antrag beraten werden, der den Senat auffordert, ergebnisoffen Chancen und Risiken von Olympischen und Paralympischen Sommerspielen in Hamburg ausloten zu lassen. Am Montagabend wollen die Fraktionsspitzen die Endfassung abstimmen. SPD, CDU, Grüne und FDP unterstützen diesen Vorstoß, die Linke bislang nicht.

Eile scheint inzwischen geboten. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat seinen Bewerbungsfahrplan modifiziert. Schon in diesem Herbst – und nicht erst im nächsten Frühjahr – will sich das DOSB-Präsidium grundsätzlich festlegen, wann und mit welcher Stadt Deutschland ins internationale Rennen geht. Berlin und Hamburg sind die einzigen Kandidaten. Der endgültige Beschluss, ob die Kandidatur beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in Lausanne auch eingereicht wird, dürfte weit später fallen. Für die Sommerspiele 2024 läuft die Bewerbungsfrist Ende 2015 ab, für die Spiele 2028 Ende des Jahres 2019.

Der DOSB hat damit seine Lehren aus dem ruinösen Wettbewerb gezogen, den sich Leipzig, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Stuttgart vor zwölf Jahren bei der nationalen Ausscheidung um die Sommerspiele 2012 lieferten. Hamburg hatte mit seinen City-Olympics auf dem Kleinen Grasbrook zwar das mit Abstand beste Konzept, die Stadt aber war damals sportpolitisch schlecht vernetzt. Mit Leipzig schickte das Nationale Olympische Komitee schließlich den chancenlosesten Bewerber beim IOC ins Rennen. Die Sachsen wurden 2004 erst gar nicht zur Endausscheidung ein Jahr später zugelassen, weil sie die Grundvoraussetzungen nicht erfüllten. Die Stadt war mit ihren 500.000 Einwohnern für Olympia zu klein, lautete das Verdikt des IOC.

Der DOSB möchte mit dem Vorziehen seiner Entscheidung zudem verhindern, dass in den hoch verschuldeten Stadtstaaten Berlin oder Hamburg unnötige Kosten auflaufen. Der Kriterienkatalog, auf welcher Grundlage der Sportbund seine Wahl treffen will, wird in der Zentrale in Frankfurt gerade ausgearbeitet. Auf die Organisation einer Volksbefragung oder eines Referendums soll im ersten Schritt verzichtet, die Meinung der Bevölkerung aber später eingeholt werden. Damit nimmt der DOSB auch die Hektik aus dem Verfahren, die zuletzt vor allem die Hamburger Grünen bemängelten.

„Wir dürfen uns nicht treiben und unter Druck setzen lassen“, sagten der Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan und die Landesvorsitzende Katharina Fegebank dem Abendblatt. „Wenn das IOC Anfang Dezember wie angekündigt in Monte Carlo Reformen für die Austragung Olympischer Spiele beschließen will, ergibt es keinen Sinn, schon jetzt eine Machbarkeitsstudie aufzulegen.“ Die wichtigsten Fragen für die Grünen bleiben: Kann die Stadt von Olympia profitieren, wer profitiert von den Spielen im Besonderen, und wer soll sie angesichts der 2019 wirksamen Schuldenbremse bezahlen? „Die bei solchen Projekten übliche Drittelaufteilung Stadt, Land und Bund kommt für Hamburg nicht infrage, weil wir als Stadtstaat zwei Drittel der Kosten zu tragen hätten“, sagt Haushaltspolitiker Kerstan.

Einigkeit herrscht in den vier Rathausfraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP, dass eine Bewerbung Hamburgs nur unter der Voraussetzung erfolgen sollte, dass das IOC dem bisherigen Gigantismus abschwört. „Andernfalls sind wir der falsche Kandidat“, sagt Sportsenator Michael Neumann (SPD). Tief greifende Reformen des IOC sind allerdings nicht zu erwarten, die Trendwende zur Nachhaltigkeit dagegen schon. Olympia will in den Städten keine Ruinen mehr hinterlassen.