Die Erneuerung der Autobahn 7 vom Elbtunnel bis zum Bordesholmer Dreieck wird das spektakulärste Verkehrsprojekt der nächsten zehn Jahre. Gerhard Fuchs soll als Koordinator vermitteln und moderieren.
Der erste Brief lag bereits auf seinem Schreibtisch in der Wirtschaftsbehörde, obwohl Gerhard Fuchs seine neue Stelle noch gar nicht angetreten hatte. Anwohner des Schleswiger Damms hatten ihm geschrieben und darin Vorschläge unterbreitet, wie in Schnelsen der Bau des Lärmschutzdeckels über die Autobahn 7 verträglicher organisiert werden könnte.
Die Augen des ehemaligen Wandsbeker Bezirksamtsleiters leuchten, als er die Geschichte erzählt. So wünscht der 71-Jährige sich seinen Job als von Hamburg und Schleswig-Holstein eingesetzter Verkehrskoordinator A7, den er seit vergangenem Dienstag inne hat. Ansprechpartner für all jene will er sein, die Norddeutschlands größtes Verkehrsprojekt der kommenden zehn Jahre zwar kritisch, aber dennoch positiv begleiten.
In Hamburgs und Schleswig-Holsteins Behörden ist bereits seit längerem klar: die Erneuerung und Erweiterung der A7 von Hamburg bis hoch zum Bordesholmer Dreieck wird ein Kraftakt, der seinesgleichen sucht. Schließlich wird beispielsweise das Teilstück zwischen dem Dreieck Nordwest und der Abfahrt Stellingen im Durchschnitt täglich von rund 155.000 Fahrzeugen passiert. Damit gehört die Strecke zu den am meist befahrenen Autobahnabschnitten Deutschlands.
Auch die baulichen Pläne haben es in sich. Auf den gut 80 Kilometern zwischen dem nördlichen Ausgang des Elbtunnels und dem Bordesholmer Dreieck wird die Autobahn um jeweils zwei Spuren erweitert. Auf einer Länge von fast 16 Kilometern werden Lärmschutzwälle errichtet. Zudem sind mehr als 20 neue Brücken nötig.
Auf den 15 Hamburger Kilometern sollen drei Lärmschutztunnel mit einer Gesamtlänge von rund 3,5 Kilometern errichtet und die rund 400 Meter lange Langenfelder Brücke ausgetauscht werden. Das alles bei laufendem Verkehr auf sechs beziehungsweise vier Spuren und mit der Absicht, die Beeinträchtigungen der Anwohner so gering wie möglich zu halten.
„Mir geht es darum, dass wir die Herausforderung in einem freundlichen Miteinander bewältigen“, sagt Fuchs und ahnt, dass dies ein frommer Wunsch ist. Zu viele Interessen sind berührt: Anwohner, Autofahrer, Unternehmen – sie alle haben eigene Vorstellungen, wie das Projekt umgesetzt werden sollte. Gerhard Fuchs will derjenige sein, der „zuhört, moderiert und einen Interessenausgleich“ versucht.
„Natürlich wird es nicht vermeidbar sein, dass es Ärger gibt“, räumt der 71-Jährige ein. „Aber als Verkehrskoordinator bin ich für jeden, der mit der Baustelle zu tun hat, der Ansprechpartner“, beschreibt er seinen zunächst auf 18 Monate befristeten Beratervertrag. „Jeder wird gehört, jeder bekommt eine Antwort und jeder wird informiert.“ Das passt: die Wirtschaftsbehörde hatte ihn Ende Februar der Öffentlichkeit als den „Kümmerer für den Ausbau der A7“ vorgestellt.
Der CDU-Politiker kehrt mit seinem neuen Job zu seinen Wurzeln zurück. Kurz nach der Jahrtausendwende beteiligte Hamburg sich auch durch sein Engagement als erstes westdeutsches Bundesland an der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und –bau GmbH (Deges), die seinerzeit den Fernstraßenbau in Ostdeutschland umsetzte. Noch heute berichtet Fuchs mit Stolz, dass seine Unterschrift unter dem Beteiligungsvertrag steht.
Auf die Frage, ob er seine neue Funktion neutral ausüben werde, sagt der 71-Jährige diplomatisch, er sei „am optimalen Verlauf der Bauarbeiten“ interessiert. Dazu gehöre, dass er Bürger manchmal enttäuschen werde. Dazu gehöre aber auch, Ärger mit Behörden oder der Wirtschaft in Kauf zu nehmen. Und er werde sich mit Vorschlägen einbringen – wie es besser laufen könne.
Der Enthusiasmus, mit dem Fuchs von seiner neuen Aufgabe erzählt, soll ein wenig davon ablenken, dass der Koordinator keine wirklichen Entscheidungsbefugnisse hat. Er solle „ergänzende Kommunikations- und Koordinationserfordernisse“ bündeln, „flankierende Maßnahmen zur verträglichen Verkehrsabwicklung“ initiieren und eine „frühzeitige Konfliktprävention“ ermöglichen, heißt es etwas sperrig in der Aufgabenbeschreibung.
Böse Zungen beschreiben den Posten daher als staatlich bezahlte „Petze“. Denn das einzige „Drohpotenzial“, das der Verkehrskoordinator hat, ist sein „Vortragsrecht bei den zuständigen Leitungen". Mit anderen Worten: Gerhard Fuchs hat direkten Zugang zu den Chefs von Hamburgs Wirtschaftsbehörde und Kiels Wirtschaftsministerium. Dort kann er ungeschminkt über Probleme bei den Bauarbeiten berichten.
Entscheidend für Fuchs’ Erfolg wird letztlich sein, dass er von den Entscheidern nicht als Beruhigungspille oder gar als Prellbock für Unmut der Öffentlichkeit missbraucht wird. Er selbst jedenfalls nimmt seinen neuen Job ernst und diktiert zum Schluss die E-Mail-Adresse, unter der er erreichbar ist: gerhard.fuchs@bwvi.hamburg.de