Neues Lichtkonzept, Abriss eines Einkaufszentrums, Rettung des Beach-Clubs: Bürger bringen in hamburgweit einmaligem Projekt 463 Ideen ein.
Harburg. Ganz ohne Frage zählt die Harburger Innenstadt rund um die Fußgängerzone Lüneburger Straße mit ihrer durchschnittlichen Ausstrahlung und ihren zu vielen Billigshops zu den größten Sorgenkindern des Bezirks. Und nicht zum ersten Mal bemühen sich Bezirksversammlung und Verwaltung um eine Verbesserung – mit dem Ziel, Harburg wieder zu einem erstklassigen Oberzentrum für die südliche Metropolregion aufzubauen.
Viele Ideen sind dafür schon entwickelt worden. Jetzt allerdings haben Politik und Verwaltung erstmals die Bürger mit dem sogenannten Innenstadtdialog ins Boot geholt und Verbesserungsvorschläge entwickeln lassen. Ein in Hamburg bislang einmaliger Vorgang, für den die Bezirksversammlung und die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt immerhin die stolze Summe von 75.279,20 Euro bewilligt haben.
Inzwischen sind 463 Verbesserungsvorschläge beim beauftragten Hamburger Kreativbüro Urbanista eingegangen. Und bereits Ende dieses Monats will der Harburger Stadtplanungsausschuss die fünf am häufigsten genannten und vermutlich auch die am einfachsten zu realisierenden Ideen herausgefiltert haben. Die Bezirksversammlung wird der Verwaltung den Auftrag erteilen, die gewünschten Verbesserungen in Auftrag zu geben. Was dann dabei herauskommen wird, ist allerdings noch völlig offen, denn der Harburger Innenstadtdialog verfügt über kein eigenes Budget, und auch der Bezirk Harburg wird sich mit seinen begrenzten Haushaltsmitteln wohl nicht alles erlauben können, was sich seine gut 153.000 Bewohner wünschen.
Beim Innenstadtdialog waren die vier Themen Wohnort-Innenstadt, Mobilität & Verkehr, Kultur, Shoppen & Co. sowie öffentlicher Raum für die Ideensammlung vorbereitet. Dabei kam heraus, dass sich viele der mehr als 100 am Dialogprozess teilnehmenden Harburger einen Abriss oder eine neue Nutzung für das seit etwa vier Jahren komplett leer stehende frühere Harburg Center am Harburger Ring wünschen.
Dem Eigentümer ist es bislang nicht gelungen, potente Mieter aus dem Modesektor für sein Haus zu finden. Und was den vorgeschlagenen Abriss angeht, verweist die Verwaltung auf das Eigentumsrecht des Besitzers. Man könne ihn weder zum Abriss noch zu Investitionen zwingen. Verhandlungen seien der einzige Weg.
Ein ebenfalls großes Interesse haben viele Harburger daran, den beliebten Beach-Club im Gebiet des Harburger Binnenhafens an seinem jetzigen Standort am Veritaskai dauerhaft zu belassen. Das Grundstück gehört der Stadt, und die Finanzbehörde möchte den Flecken Erde möglichst gewinnbringend vermarkten. Der Beach-Club kann noch bis zum Jahresende bleiben. Ob der von den Bürgern im Innenstadtdialog gewünschte Bestandsschutz für den Beach-Club an Ort und Stelle von der Harburger Politik berücksichtigt wird, bleibt abzuwarten.
Zu den herausragenden und mehrfach genannten Ideen zählt auch ein neues Lichtkonzept für die Harburger Innenstadt. Auslöser dafür dürfte die vom Bezirk Harburg bereits abgeschlossene Modernisierung des sogenannten Gloria-Tunnels zwischen den Fußgängerzonen Lüneburger Straße und Seevepassage sein. Gut 600.000 Euro wurden investiert unter anderem in farblich wechselnde LED-Beleuchtung. Der Tunnel war zuvor einer der größten Schandflecke der Innenstadt. Dialogteilnehmer schlagen nun die Beleuchtung einiger Innenstadtgebäude vor oder gar eine etwa zwei Kilometer lange künstlerische Beleuchtung zwischen dem Harburger Binnenhafen und der Innenstadt. Der Binnenhafen wird zunehmend zum Wohngebiet.
Eine Forderung lautet, dass sich Harburg zur Studentenstadt entwickelt
Für den die Innenstadt umschließenden Harburger Ring wünscht sich ein Teil der Teilnehmer gar keinen Verkehr, andere hingegen Verkehr durchgängig in beide Fahrtrichtungen. Der Herbert-Wehner-Platz am Harburger Ring vor Karstadt solle mehr Aufenthaltsqualität mit besseren Sitzgelegenheiten bieten.
Eine wichtige Forderung lautet, dass sich Harburg künftig zur Studentenstadt entwickelt und mehr preiswerten Wohnraum für Studenten schafft. Leer stehende Läden in der Innenstadt könnten zeitlich begrenzt als sogenannte Pop-up-Stores genutzt werden, von Modedesignern, Schallplattenhändlern, Künstlern oder auch Studenten der Technischen Universität Hamburg-Harburg, die dort beispielsweise ihr selbst gebrautes Universitätsbier anbieten könnten.
Mit Verbesserungen für Harburg befassen sich außerdem ein Masterplan und nicht zuletzt die Wirtschaftsvereins-Vision „Harburg 2020/50“.