Finanzsenator Tschentscher warnt vor Abschaffung der Straffreiheit bei Selbstanzeigen. Tschentscher bekräftigte, dass sich die Stadt weiterhin am Ankauf von Daten-CDs beteiligen werde.
Hamburg. Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern schwankte in Hamburg in den vergangene Jahren stark. Waren es 2010 – im Zuge der Affäre um den ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel – 683 Selbstanzeigen, sank die Zahl auf 133 in 2011 und 187 in 2012, stieg dann aber im Sog des Falls Uli Hoeneß wieder stark an: auf 637 in 2013. Dieser Trend scheint sich nun noch verstärkt zu haben: Mit 116 Anzeigen allein im Januar gab es erstmals mehr als 100 Fälle in einem Monat. Sollte der Trend anhalten, könnte es im Jahr 2014 erstmals mehr als 1000 Anzeigen von Steuerhinterziehern geben.
„116 Selbstanzeigen in einem Monat sind viel“, sagte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) dem Abendblatt. „Es gibt offensichtlich noch immer eine hohe Dunkelziffer, obwohl wir die Steuerfahndung durch den Ankauf von Daten-CDs deutlich verbessert haben.“ Tschentscher bekräftigte, dass sich die Stadt weiterhin am Ankauf von Daten-CDs beteiligen werde: „Unbedingt. Wir haben uns bereits am Ankauf von acht Daten-CDs beteiligt und bleiben bei unserer Linie, den Druck der Steuerfahndung dadurch zu erhöhen. Übrigens ist jetzt selbst Bayern auf diesen Kurs zurückgekehrt.“
Unterdessen hat eine Arbeitsgruppe aus Steuerexperten aus Bund und Ländern vor einer Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht gewarnt. Das berichtet die Wochenzeitung „Die Zeit“ unter Berufung auf den Bericht der Kommission. Wenn die Möglichkeit zur Straffreiheit nicht mehr bestünde, müsse mit „deutlichen haushalterischen Nachteilen“ gerechnet werden, heißt es in dem Papier. Denn durch Selbstanzeigen erführen die Behörden viel mehr, als sie selbst je ermitteln könnten.
Obwohl in der Kommission auch Abgesandte von SPD-geführten Ländern vertreten sind, hatten viele prominente Sozialdemokraten jüngst eine Abschaffung der Straffreiheit gefordert. So nannte der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner die Strafbefreiung ein „Relikt feudaler Gesinnung“. Dadurch werde in der Tendenz die Reichenkriminalität geschützt, sagte Stegner, der auch SPD-Bundes-Vize ist, der „Frankfurter Rundschau“.
Hamburg lehnt die Abschaffung der Straffreiheit bei Selbstanzeigen dagegen ab, wie Peter Tschentscher betonte: „Die Finanzminister der Bundesländer haben sich aus guten Gründen dagegen entschieden. Die Aufdeckungsquote von Steuerdelikten würde vermutlich sinken“, so der Finanzsenator. „Stattdessen sollten wir die Bedingungen für Selbstanzeigen jetzt verschärfen, zum Beispiel durch höhere Strafzuschläge, längere Verjährungszeiträume und umfassendere Erklärungspflichten.“