Auf einer interaktiven Karte können Nutzer Orte auf ihre Barrierefreiheit testen: Hamburg schneidet gut ab, es bleiben aber noch viele Orte zu testen. Bergedorf geht mit gutem Beispiel voran.
Hamburg. Im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten ist Hamburg sehr barrierefrei. Das Projekt „Wheelmap“ listet in Hamburg mehr rollstuhlgerechte Orte auf als in anderen Städten. Bei dem gemeinnützigen Projekt können Tester Orte auf ihre Befahrbarkeit mit Rollstühlen oder Gehwagen testen und stellen diese Ergebnisse dann ins Netz. In einem einfachen Ampelsystem wird dann auf einer Karte angezeigt, ob der Ort völlig barrierefrei (grün), teilweise barrierefrei (gelb) oder überhaupt nicht rollstuhlgerecht (rot) ist. Mit über 400.000 markierten Orten - von Bahnsteigen, Cafés, über Supermärkte bis zu Parkhäusern und Apotheken - hat Wheelmap die weltweit größte Datenbank zu rollstuhlgerechten Orten und kann auch Städte miteinander vergleichen.
In Hamburg sind demnach 57 Prozent der getesteten Orte grün. Laut Andi Weiland, Pressesprecher von Wheelmap, ist das ein sehr guter Wert. Im Durchschnitt haben große Städte einen Durchschnitt von 40 bis 50 Prozent“, sagt er. München als vergleichbare Stadt hat einen Wert von 45 Prozent, Berlin 50 Prozent. „Allgemein sind in Deutschland mehr als 61.000 Orte nicht rollstuhlgerecht. Das ist mehr als ein Viertel aller Orte, die für Menschen im Rollstuhl nicht erreichbar sind“, so Weiland.
Obwohl das Prinzip wie bei Wikipedia funktioniert - jeder kann die Orte bewerten - ist die Fehlerquote sehr gering, was sich durch einen Stichprobentest in Bayern belegen ließ. Außerdem hat jeder Nutzer die Möglichkeit, zu bereits bewerteten Orten auch noch genauere Anmerkungen zu machen.
Wheelmap legt dabei strenge Kriterien an: „Wenn ein Café eine Rollstuhlrampe hat, aber keine geeignete Toilette, ist das bei uns schon gelb“, sagt Weiland. Auf Wheelmap können Orte auf der ganzen Welt bewertet werden. Das Projekt gibt es seit Sommer 2010, es ist eine von mehrere Projekten des gemeinnützigen Vereins „Sozialhelden“ aus Berlin. Sie finanzieren sich durch Sponsoren und Spenden. „Wir wollen mit den Projekten auf soziale Missstände hinweisen, aber nicht, indem wir sagen: Es ist sowieso alles blöd. Wir wollen mit Lösungsansätzen darauf hinweisen.“ Im Fall von Wheelmap ist es nicht nur ein Service für Menschen mit Behinderung, um Ausflüge besser planen zu können, das große Ziel heißt Inklusion.
Bergedorf geht mit einer ganzen Gruppe auf Test-Tour
Wichtig ist Wheelmap auch, bei Neu- und Umbauten eine Sensibilität hervorzurufen, die Gebäude gleich barrierefrei zu planen: „Man würde sich schon sehr ärgern, wenn in Hamburg zum Beispiel bei so etwas wie der Elbphilharmonie unüberwindbare Treppen eingeplant würden, oder zu wenig Rollstuhlplätze im Saal vorhanden sind“, sagt Wieland.
Und obwohl die Quote an rollstuhlgerechten Orten in Hamburg hoch ist: Einen Verbesserungsvorschlag hat Wieland dennoch für die Hansestadt: Erst 25 Prozent aller verfügbaren Orte sind bisher bewertet, in vielen anderen Städten sind es um die 40 Prozent. „Hamburg liegt bei der ‚Markierungsquote’ eher im Mittelfeld - es gibt leider noch viele graue Orte“. Er wünscht sich, dass die Hamburger in Zukunft noch etwas aktiver werden und im Internet oder per App noch mehr Orte bewerten.
Hier geht jetzt Bergedorf mit gutem Beispiel voran: Der Rollstuhl-Sportverband und das Unfallkrankenhaus in Boberg haben gesehen, dass es in Bergedorf noch sehr viele graue Orte gibt, die noch nicht auf ihre Barrierefreiheit getestet wurden. Stadtplanerin Ines Kowalsky hat das zusammen mit den beiden anderen Parteien in die Hand genommen: Sie plant laut der „Bergedorfer Zeitung“ einen Aktionstag im April, an dem sie mit mehr als 20 Teilnehmern Orte testen will. Rollstuhlfahrer, Gehwagenfahrer, Nichtbehinderte und Mütter mit Kinderwägen sollen die Einrichtungen testen, die Ergebnisse sollen dann bei Wheelmap eingestellt werden.