Ein hoher Kantstein vorm Hotel oder winzig kleine Hinweisschilder im Museum können Geh- oder Sehbehinderten den Urlaub verderben. Touristiker und Behindertenverbände diskutieren, wie das Urlaubsland Schleswig-Holstein barrierefrei werden kann.
Ratzeburg . Schleswig-Holstein soll ein Urlaubsland für alle sein – auch für Gäste mit einer Behinderung oder Einschränkung. Doch es gibt noch viel Nachholbedarf. Dabei gehe es nicht nur um bauliche Voraussetzungen, wie Rampen oder breitere Türen für Rollstuhlfahrer, sagt der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, Ulrich Hase. „An vielen Stellen ist die Servicekette unterbrochen. Es fehlt eine einheitliche Kennzeichnung und ein vernetztes System. Menschen mit Behinderungen können sich nicht verlässlich darüber informieren, was sie am Urlaubsort erwartet und wie sie dort hin kommen“, sagt er.
Bei einem Fachtag „Barrierefreier Tourismus“ in Ratzeburg im Kreis Herzogtum Lauenburg will die Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TASH) am Dienstag Beispiele aus der Praxis vorstellen und pragmatische Wege für eine barrierefreie Ausrichtung zeigen. Der Fachtag ist Teil eines zweijährigen Projekts „Barrierefreier Tourismus in Schleswig-Holstein“, das im April 2013 gestartet ist. „Im bundesweiten Vergleich hat Schleswig-Holstein noch Nachholbedarf. Es gibt aber auch schon einige vorbildliche Hotels und Restaurants, die komplett barrierefrei sind“, sagt die Projektkoordinatorin der TASH, Fenja Gengelazky.
Was bislang jedoch fehle, ist eine einheitliche Kennzeichnung, die bei der Buchung die Orientierung erleichtere, sagt sie. „Die bundeseinheitliche Zertifizierung und Darstellung in einer Datenbank ist daher eines der Ziele des Projektes“, sagt die Projektmanagerin.
Die Zahl der Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen nimmt zu. 2013 lebten in Schleswig-Holstein nach Angaben des Landesbeauftragten 527 000 Menschen mit einer Behinderung, davon hatten 329 900 einen Schwerbehindertenausweis. „Vor zehn Jahren waren es jeweils rund 100 000 weniger, was natürlich mit dem demographischen Wandel zu tun hat“, sagt Hase. „Die soziale Situation dieser Gruppe entspricht dem der Gesamtbevölkerung. Es gibt also durchaus gut situierte Behinderte, die gerne reisen würden.“
Der barrierefreie Tourismus sei also ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor für die Fremdenverkehrswirtschaft, sagt er. Zugleich stellt Hase auch klar: „Barrierefreier Tourismus nützt nicht nur eingeschränkten Personen, sondern macht das Urlaubsleben für alle komfortabler.“