Vertreter von FDP, Linken und Piraten haben sich bei einem Spaziergang durch den Stadtteil St. Pauli gegen die bestehenden Gefahrengebiete ausgesprochen. Rund 450 Menschen begleiteten die Demonstration.

Hamburg. Mehrere hundert Menschen haben am Sonnabend im Stadtteil St. Pauli gegen verstärkte Polizeikontrollen demonstriert. Unter dem Motto „Brushmob“ versammelten sie sich mit Klobürsten als Protestsymbol auf dem Spielbudenplatz zu einem sogenannten Flashmob, wie die Polizei mitteilte. Die Versammlung, an der auch Familien mit Kindern teilnahmen, sei völlig friedlich geblieben. Die Demonstranten forderten außerdem, die sogenannten Esso-Häuser an der Reeperbahn in öffentlich-genossenschaftliche Hände zu übertragen.

Bei einem anschließenden Spaziergang durch die Hamburger Gefahrengebiete haben sich Vertreter von FDP, Linken und Piraten gegen die jüngsten Polizeikontrollen ausgesprochen. „Ich sehe das als unangemessenes Muskelspiel“, sagte Hamburgs FDP-Landesvorsitzende Sylvia Canel. Die Einrichtung von Gefahrengebieten müsse künftig von Parlamenten oder Gerichten abgesegnet werden – und nicht nur auf Polizeiebene. „Das Mindeste, was passieren muss ist, dass rechtsstaatliche Mindeststandards zur Kontrolle der Polizei errichtet werden“, erklärte auch Christiane Schneider von Bürgerschaftsfraktion der Linken.

Eingeladen zu dem Spaziergang hatte die Piratenpartei, von der neben Hamburger Vertretern auch Abgeordnete des nordrhein-westfälischen Landtags in die Hansestadt gekommen waren. Zum Teil mit Klobürsten ausgestattet – dem Symbol der Proteste gegen die Gefahrengebiete – liefen die Politiker von der Davidwache an der Reeperbahn bis zum linksalternativen Kulturzentrum „Rote Flora“. Die Polizei zählte rund 450 Teilnehmer.

Die Klobürste hat sich zum Symbol des Protests entwickelt. Im Netz kursieren bereits zahlreiche Varianten. So taucht etwa der berühmte St. Pauli-Totenkopf statt mit Knochen längst mit gekreuzten Klobürsten auf. Hintergrund ist ein Bericht in einer ARD-Nachrichtensendung vom 7. Januar, in dem ein Polizist in voller Kampfmontur einem mit erhobenen Händen an einem Bus stehenden Unbekannten eine Klobürste aus dem Hosenbund zieht. Seither gehört dieses Sanitärutensil bei vielen Demonstranten zur Standardausrüstung. Bei der Demo am Sonnabend wurden auch erste Buttons mit dem Motiv verteilt.

Bereits in der Nacht zum Sonntag hatten zahlreiche Menschen auf der Hamburger Reeperbahn und rund um die Paulinenplatz erneut gegen die Gefahreninseln protestiert. Dabei kam es jedoch auch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. „Auf den Gehwegen abgelegte Weihnachtsbäume wurden angezündet und Mülltonnen in Brand gesetzt“, sagte ein Polizeisprecher am Sonnabend. Mitten auf der Kreuzung der Wohlwillstraße mit der Otzenstraße wurde ein großes Feuer angezündet, dessen Flammen laut Augenzeugen bis zu fünf Meter hoch gewesen sein sollen. Die Feuerwehr musste anrücken, um das Feuer zu löschen. Dabei soll es nach Angaben der Polizei zu Flaschenwürfen auf die Einsatzkräfte gekommen sein. Drei Polizisten seien nach Polizeiangaben leicht verletzt worden.

Nach Mitternacht wurden erneut Feuer angezündet, wieder flogen während eines Löscheinsatzes Flaschen auf Beamte von Feuerwehr und Polizei. Polizisten setzten Pfefferspray gegen die Randalierer ein. Zwei Personen wurden festgenommen.

Nach mehreren Angriffen auf Polizeieinrichtungen und Beamte hatte die Behörde am 4. Januar St. Pauli, das Schanzenviertel und Teile von Altona zum Gefahrengebiet erklärt. Das erlaubte der Polizei, Personen und ihre Taschen ohne konkreten Tatverdacht zu kontrollieren. Seit vergangenem Donnerstag gelten die Sondervollmachten nur noch nachts rund um drei Polizeikommissariate.

Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) hat die Frage aufgeworfen, ob das großflächige Gefahrengebiet in Hamburg möglicherweise zu früh verkleinert worden sei. „Das ist eine Frage, die man sich wirklich stellen muss“, sagte er dem Sender NDR 90,3 am Sonnabend nachdem es in der Nacht zuvor erneut Randale gegeben hatte.