Auch fern der Heimat trauern die Philippiner um die Opfer des Taifuns Haiyan. In Hamburg beten Einwanderer aus dem Inselstaat für ihre Landsleute. Viele sind tiefgläubig und hoffen auf Gottes Hilfe.
Hamburg/Manila. Die philippinische Gemeinde in Hamburg hat bei einem Gottesdienst für die Opfer des Taifuns in ihrem Heimatland gebetet. Rund 20 Menschen versammelten sich am Mittwochabend im „Kleinen Michel“ in der Hamburger Innenstadt.
„Die Familie steht in unserer Kultur an erster Stelle. Wir sorgen uns um unsere Verwandten“, sagte der Seelsorger für die Philippiner im Erzbistum Hamburg, Eufemio Sombrio. Er leitet den katholischen Gottesdienst zweimal pro Woche – diesmal ging er in seiner Predigt auf den Taifun „Haiyan“ ein. Viele Menschen seien gestorben. Nun wolle die Gemeinde für die Opfer und deren Familien beten. Gott möge den Betroffenen Kraft geben. Beim Gebet „Vater Unser“ hielten sich die Gläubigen an den Händen.
Der Wirbelsturm hat auf den Philippinen große Zerstörungen und Tausende Tote hinterlassen. Viele Menschen werden noch vermisst und unter Trümmern vermutet. In den verwüsteten Regionen kommen die Helfer nur schleppend voran.
Vor dem Gottesdienst wurde ein Brief des Hamburger Weihbischofs Hans-Jochen Jaschke vorgelesen. „Wir beten miteinander zu Gott. Er möge die Lebenden ermutigen und trösten. Er möge uns alle zu tatkräftiger Hilfe und Unterstützung bewegen“, hieß in dem Schreiben. Nach dem Gottesdienst kündigten Mitglieder der philippinischen Gemeinde an, am Wochenende Spenden für ihre Landsleute sammeln zu wollen.
Der christliche Glaube ist auf den Philippinen weit verbreitet. Rund 83 Prozent der rund 105 Millionen Einwohner des Inselstaats sind Katholiken.
Kampf ums Überleben auf den Philippinen – Taifun-Opferzahlen steigen
Die verzweifelten Taifun-Opfer kämpfen auf den Philippinen bei Hunger und Durst ums Überleben – immer noch läuft die Versorgung mit Hilfsgütern schleppend. Die Not schlägt zunehmend in Chaos um. Auf der schlimm verwüsteten Insel Leyte stürmten Tausende ein Depot mit Reissäcken. Dabei stürzte eine Wand ein und erschlug acht Menschen, wie der Sprecher der nationalen Nahrungsmittelbehörde, Rex Estoperez, berichtete. Die offizielle Zahl der Todesopfer erhöhte sich nach Angaben des Katastrophenschutzes am Mittwoch auf 2344, mehr als 3800 Menschen wurden verletzt.
Derweil laufen weltweit die Hilfstransporte in das Krisengebiet auf Hochtouren. Viele Verkehrswege der schwer betroffenen Insel Leyte - wo insgesamt 1785 Tote gezählt wurden – sind weiter kaum befahrbar. Auch aus Deutschland flogen Helfer und Experten nach Südostasien, darunter Teams des Technischen Hilfswerks (THW) mit zwei Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen. Am Mittwochmorgen hoben etwa THW-Einsatzkräfte und Rotkreuz-Helfer mit 75 Tonnen Fracht in Berlin ab. An Bord waren Zelte, Kochsets und Hygieneartikel.
Die deutsche Helferin Margret Müller, die mit einem Ärzteteam im Auftrag der Hilfsorganisation Humedica in der verwüsteten Stadt Tacloban ist, schilderte „Spiegel Online“ die Lage: „Nachts, nach Feierabend, riecht man dann oft noch den Verwesungsgestank an den Händen. Bilder verfolgen einen, Gesichter von Menschen vor allem. Von dem kleinen Mädchen, das mich gestern fragte, ob ich seine Schwester gesehen habe. Von dem Kind, das seine Eltern verlor und jetzt komplett allein ist. Von den vielen Leuten, die mit leerem Blick in ihren Behausungen sitzen.“ Über die Verwüstungen sagte sie: „Zerstört ist in Tacloban eigentlich alles, Hütten, auch stabile Häuser aus Beton, das Ausmaß ist ein Wahnsinn.“
Viele Menschen wurden auch fast eine Woche nach Durchzug des gewaltigen Taifuns „Haiyan“ weiter unter den Trümmern vermutet - genaue Angaben zu den Opfern waren dadurch schwierig. 79 Menschen wurden laut der Behörden weiter vermisst. Staatspräsident Benigno Aquino hatte zuvor gesagt, er gehe von bis zu 2500 Toten aus.
Die Verzweiflung der Betroffenen ist groß. Bei dem Sturm auf das Essensdepot in Alangalan plünderten Tausende Menschen nach Angaben von Estoperez 129.000 Säcke Reis à 50 Kilogramm. „Wir appellieren an diejenigen, die Reissäcke mitgenommen haben, sie mit anderen zu teilen und nicht zu verkaufen“, sagte er.
Im Notstandsgebiet sind inzwischen zahlreiche mobile Einheiten mit Ärzten und Pflegern unterwegs, um Erste Hilfe zu leisten – unter ihnen auch Teams aus Deutschland. Aber selbst im Krankenhaus von Tacloban, das bei dem Taifun unter Wasser stand, gebe es nicht genügend Trinkwasser, berichtete ein Reporter der BBC. Heftiger Regen hatte viele der Trümmerfelder, in denen Menschen meist unter freiem Himmel hausen, unter Wasser gesetzt.
Hilfsorganisationen versuchen Tag und Nacht, in schwer zugängliche Gebiete vorzudringen. Wenn ihnen das gelingt, ist die Erleichterung groß. „Die Menschen weinten vor Glück, als wir ihnen Lebensmittel brachten“, berichtete der Amerikaner John Fields, der auf der Insel Cebu Konvois organisiert.
Die Transportbehörde schickt inzwischen Buskonvois nach Leyte, um Hilfsgüter zu bringen und Menschen aus den gefährdeten Gebieten auszufahren. Der Bürgermeister von Tacloban rief vor allem verletzte Bewohner und Kinder auf, die Stadt möglichst zu verlassen – etwa per Flugzeug. „Je weniger Leute in Tacloban sind, umso weniger müssen wir uns kümmern“, sagte Alfred Romualdez.
Hinweise auf deutsche Opfer gab es bislang nicht. Wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, könne man aber noch nicht abschließend ausschließen, dass auch deutsche Bürger bei dem verheerenden Wirbelsturm ums Leben gekommen seien. Die Situation sei unübersichtlich. Die deutsche Botschaft in Manila hat den Angaben zufolge ihr Krisenreaktionsteam verstärkt und zwei Mitarbeiter nach Tacloban entsandt. Deutschland stellte bislang 1,5 Millionen Euro an Soforthilfe bereit.