Hausärzte und Kinderärzte fehlen oft in den Stadtteilen, wo sie am meisten gebraucht werden. In Steilshoop und rund um Wilhelmsburg ist die Situation für Patienten schlechter als an der Alster.
Hamburg. In den sozial benachteiligten Stadtteilen Hamburgs ist die medizinische Versorgung von jungen und älteren Patienten nicht so breit aufgestellt wie in den vermeintlich besseren Gegenden. Das geht aus einem Gutachten hervor, das Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Montag im Rathaus vorstellte.
Das Papier hat erstmals den „kleinräumigen Versorgungsbedarf in Hamburg“ untersucht. „Mit dem vorliegenden Gutachten können wir nun die nächsten Schritte einleiten, um durch eine gezielte Versorgungsplanung die Situation insbesondere für unterversorgte Stadtgebiete zu verbessern“, sagte die Senatorin. Aus den deutlichen regionalen Unterschieden bei der ambulanten Behandlung lasse sich schließen, dass die Krankheitslast regional unterschiedlich sei.
Prüfer-Storcks zufolge gibt es eine besonders „hohe soziale Belastung“ durch Faktoren wie die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, geringere Durchschnittseinkommen und weniger Wohnfläche pro Person in Teilen von Hamburg-Mitte sowie in Neuallermöhe, Wilhelmsburg, Harburg, Hausbruch, Dulsberg, Steilshoop und Jenfeld. Diese Belastung ist kaum zu spüren in den Walddörfern, den Elbvororten, rund um die Alster, in Eppendorf, Lokstedt und Alsterdorf.
Auffällig ist, dass bei den Volkskrankheiten Herzinsuffizienz, Diabetes und Bluthochdruck Versicherte in den östlichen Regionen, in Langenhorn und in den südlichen Regionen um Wilhelmsburg häufiger behandelt wurden. So war bei der älteren Bevölkerung zwischen 65 und 79 Jahren die ärztliche Inanspruchnahme für diese Volkskrankheiten vor allem in Horn, den Regionen um Rothenburgsort und Wilhelmsburg, in Billstedt, Borgfelde/St. Georg und Jenfeld überdurchschnittlich hoch.
Regionale Unterschiede sind zudem bei der Behandlung von Kindern zwischen 0 und 14 Jahren erkennbar. Als typische Erkrankungen in diesem Alter wurden etwa die ambulanten Behandlungen bei Asthma und akuter Bronchitis analysiert. Dabei sind höhere Werte in Poppenbüttel, Harburg und Heimfeld zu erkennen.
Indes wurden in Harvestehude, Neu-Allermöhe und Eppendorf/Hoheluft-Ost weniger Behandlungen in Anspruch genommen. Eine hohe Inanspruchnahme von Ärzten gibt es zudem in Lurup, auf der Veddel und in Wilhelmsburg. Dort allerdings gibt es zu wenige Kinderärzte. Diese Aufgabe übernehmen dann oftmals die Hausärzte.
„Was wir in einer ersten Analyse des Gutachtens sehen ist, dass die hausärztlichen und kinderärztlichen Leistungen nicht immer in den Stadtteilen erbracht werden, in denen die Menschen den größten Bedarf haben“, sagte Prüfer-Storcks. Hier bestehe offensichtlich Handlungsbedarf. „Wir müssen bei der Bedarfsplanung stärker den regionalen Bedarf in den Blick nehmen und Ärztinnen und Ärzte dahin bringen, wo sie am dringendsten gebraucht werden“, sagte die Senatorin.
Das Gutachten zum „kleinräumigen Versorgungsbedarf in Hamburg“ wurde vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) im Auftrag der Hamburger Gesundheitsbehörde erstellt. Um verlässliche Ergebnisse zu erzielen, wurden kleinere benachbarte Stadtteile teilweise zusammengefasst und in 67 Regionen im Stadtgebiet eingeteilt.
Ausgewertet wurden die Diagnosen und Leistungen aus den ambulanten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburgs (KVH) der gesetzlich Krankenversicherten. Jene Gruppe macht in der Stadt 90 Prozent der Hamburger aus. Die restlichen zehn Prozent sind privat versichert.