Ansässiger Arzt warnt vor „medizinischer Katastrophe“. Umstrukturierung soll bis zum Herbst 2014 erfolgen. Kassenärztliche Vereinigung befürchtet Abwanderung der Mediziner.
Mümmelmannsberg. Die Bewohner von Mümmelmannsberg müssen sich auf erheblich Einschnitte beim medizinischen Angebot in ihrem Stadtteil einstellen. Die Klinikgruppe Dr. Guth will die stationäre Behandlung in der Praxisklinik einstellen und den ambulanten OP-Bereich schließen. Bis zum Herbst 2014 sollen nach den Plänen beide Bereiche wegfallen.
In einem Gespräch mit den Ärzten und Vertretern der Gesundheitsbehörde nannte Dr. Guth wirtschaftliche Gründe für die geplante Teilschließung. Von 30 verfügbaren Betten seien im Schnitt weniger als zwei Drittel belegt, die OP-Aufgaben könnten auch von anderen Krankenhäusern übernommen werden. Die freiwerdenden Räume in der Praxisklinik sollen offenbar für den Ausbau der psychiatrischen Klinik genutzt werden, die sich bislang im oberen Teil des Gebäudes befindet.
„Diese Entscheidung bedroht die medizinische Versorgung des Stadtteils massiv“, sagt Dr. Gerd Fass, der als einer von zehn Ärzten die Belegbetten der Klinik nutzt. Der Unfallchirurg führt in der Praxisklinik jährlich etwa 500 Operationen durch, bislang ist die Praxisklinik von 8 bis 18 Uhr auch für die Unfallversorgung zuständig. „Ohne den OP-Bereich würden Patienten von uns im Stich gelassen“, sagt Fass. Insgesamt wären auch 30 Mitarbeiter direkt von den Schließungen betroffen.
Das Krankenhaus ist seit 35 Jahren der wichtigste Anlaufpunkt für 30.000 Menschen in der direkten Umgebung. Nach den Einschnitten müssten die Anwohner deutlich häufiger auf Krankenhäuser in der Umgebung ausweichen. Diese Kliniken befinden sich jedoch in Bergedorf und Wandsbek - und für Patienten somit mindestens acht Kilometer entfernt.
Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVHH) befürchtet außerdem eine Abwanderung der Ärzte vom Mümmelmannsberg. „Einige Mediziner sind auf OP-Kapazitäten angewiesen, auch aus wirtschaftlichen Gründen“, sagte der KVHH-Vorsitzende Walter Plassmann. „Ohne entsprechende Ausstattung werden sie gezwungen sein, den Standort zu wechseln“. Die Versorgung in Mümmelmannsberg könnte sich stark auf hausärztliche Behandlung und das Ausstellen von Diagnosen reduzieren. „Die Anwohner haben eigentlich mehr verdient.“, sagt Plassmann.
Die Gesundheitsbehörde sieht die grundlegende Versorgung in Mümmelmannsberg durch die Pläne nicht gefährdet. „Wir sind über die Pläne informiert, die Entscheidung über eine Schließung obliegt jedoch allein dem Klinikbetreiber“, so Sprecher Rico Schmidt.
Eine Sprecherin der Klinikgruppe Dr. Guth sagte dem Abendblatt, dass der „Entscheidungsprozess noch nicht abgeschlossen sei“. Derzeit befindet sich das Unternehmen im Austausch mit anderen Krankenhäusern über die Ausgliederung von Teilen der Versorgung. Auch Möglichkeiten, den OP-Bereich der Praxisklinik zu erhalten, werden noch geprüft. Zu weiteren Details einer Umstrukturierung wollte sich die Sprecherin nicht äußern. „Die Versorgungsqualität in Mümmelmannsberg bleibt definitiv bestehen, das können wir garantieren“
Neben der Praxisklinik in Mümmelmannsberg betreibt Dr. Guth drei weitere Kliniken in Norddeutschland, darunter die Curschmann Klinik am Timmendorfer Strand. Insgesamt beschäftigt die Klinikgruppe 850 Mitarbeiter.