79 Prozent der Teilnehmer sehen die Einwohnergrenze erreicht und erteilen dem Konzept der Wachsenden Stadt eine Absage. Die Hansestadt hat derzeit etwas mehr als 1,7 Millionen Euro Einwohner.
Hamburg. Die Hamburger haben offensichtlich genug von der Politik der Wachsenden Stadt: Eine große Mehrheit hält es nicht für nötig, dass die Einwohnerzahl in den kommenden Jahren noch weiter steigt. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des Hamburg-Fragebogens, den das Abendblatt kurz vor der Bundestagswahl veröffentlichte und den rund 3200 Hamburger ausgefüllt haben.
Auf die Frage „Muss die Einwohnerzahl Hamburgs unbedingt weiter wachsen?“ antworteten 79 Prozent der Teilnehmer mit Nein. Nur 21 Prozent waren dafür, an dem Konzept der Wachsenden Stadt festzuhalten, das erstmals unter der Regierung des damaligen Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) eingeführt worden war.
Laut Volkszählung hat Hamburg gegenwärtig etwas mehr als 1,7 Millionen Euro Einwohner. Das sind rund 83.000 weniger, als die Stadt bis zur Veröffentlichung des neuen Zensus angenommen hatte. Unabhängig davon, welcher Wert zugrunde gelegt wird: Die Zahl der Hamburger ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, allein seit der Volkszählung von 1987 um 113.926. Dieser Trend hält auch im laufenden Jahr an: Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist wie sein Vorgänger ein Anhänger der Idee von einer Stadt, die größer wird, die möglichst viele Menschen anlockt. Wie viele Neubürger Hamburg aufnehmen kann, ist allerdings nicht leicht zu beantworten.
Auf die Frage, ob die Stadt mehr als zwei Millionen Einwohner vertragen würde, antworten in der Umfrage 65 Prozent der Teilnehmer mit Nein. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass als Städte, von denen Hamburg noch etwas lernen könnte, in erster Linie solche genannt werden, die deutlich kleiner sind: Kopenhagen liegt in diesem Ranking vor München und Amsterdam.
Grundsätzlich hält es die überwiegende Zahl der Befragten für richtig, dass Hamburg seinen eigenen Weg geht und sich nicht zu stark an anderen Metropolen orientiert. Olaf Scholz sieht das ähnlich: „Es gibt kein Vorbild, das man nachahmen kann, und es wäre grundfalsch, etwas nachahmen zu wollen“, sagte er einmal im Gespräch mit dem Abendblatt. „Vielmehr muss man immer wieder offen sein.“
Obwohl ein Volksentscheid gerade erst bestimmt hat, dass die Stadt die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze für bis zu zwei Milliarden Euro – und gegen den Willen der alleinregierenden SPD – zurückkaufen muss, fühlen sich die Hamburger offenbar nicht ausreichend in politische Entscheidungen eingebunden, die die Entwicklung der Stadt prägen. 67 Prozent wünschen sich (noch) mehr direkten Einfluss, nur 33 Prozent reichen die bisherigen Mitbestimmungsmöglichkeiten.
Gäbe es eine Abstimmung zu der teilweise umstrittenen Elbvertiefung, könnten Olaf Scholz und die Hamburger Hafenwirtschaft allerdings auf breite Zustimmung aus der Bevölkerung hoffen. Nur 39 Prozent, auch das ergab der Abendblatt-Fragebogen, wären dagegen.