Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi lehnt die beim Volksentscheid zur Abstimmung stehende Rekommunalisierung ab, weil der Sozialdemokrat sie für finanzpolitisch hoch riskant und umweltpolitisch sinnlos hält.
Am 22. September wird in Hamburg nicht nur über den Bundestag und die nächste Bundesregierung abgestimmt, sondern auch über 1.5 Milliarden Euro für den vollständigen Rückkauf der Hamburger Energienetze. Diese Mittel gehen Hamburg in den kommenden Jahren verloren für Wohnungsbau und Schulsanierungen, für kostenfreie Kitas oder die Betreuung von Zuwanderern, für eine bessere Universität oder die Förderung der Stadtteilkultur. Und so weiter. Der gefährliche Verschwender dieser 1,5 Milliarden Euro ist die Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“.
Denn die energiepolitischen Argumente der „Volksinitiative“ sind längst widerlegt. Zunächst das Argument: 100 Prozent Staatseigentum sichere eine nachdrücklichere Unterstützung der Energiewende. Hier liegt die „Volksinitiative“ schon deswegen falsch, weil der Netzeigentümer – ob privat oder staatlich – aufgrund der bundesgesetzlichen Rechtslage eine Einspeisungsverpflichtung des jeweils angebotenen Stroms hat, ob dieser Strom nun „grün“ oder „schwarz“ ist.
Die Herkunft des Stromangebotes hat also mit den Netzen nichts zu tun, denn die „Neutralität“ des Netzes gegenüber der Herstellungsart des Stroms („grün“ oder „schwarz“) wird von der Bundesnetzagentur argwöhnisch beobachtet. Und mit den Rahmenvereinbarungen zum vollzogenen Kauf von 25,1 Prozent der Netze hat sich die Stadt bereits ein entscheidendes Mitspracherecht auch für die zukünftige Struktur einer stärker dezentral betriebenen Energieversorgung in Hamburg gesichert.
Angesichts dieser schrittweisen Umstellung von der klassischen Kraftwerksstruktur (Kohle, Gas und Atom) auf eine Vielzahl erneuerbarer, auch dezentraler Energiequellen (Wind, Solar, Bio, Blockheizwerke, usw.) muss jeder Netzbetreiber (wiederum: ob privat oder staatlich) seine Netze umbauen. Ein teures und risikobehaftetes Vorhaben. Aber dieses unkalkulierbare Investitionsrisiko will die „Volksinitiative“ den Hamburgern zusätzlich und leichtfertig aufbürden.
Ich kenne keinen Sachverständigen, der behauptet, dass die Stromlieferanten bisher versucht hätten, durch einen zögerlichen Umbau der Energienetze die Energiewende aufzuhalten oder gar zu blockieren. Ich kenne allerdings viele Fachleute, die darauf drängen, dass die Politik endlich verlässliche rechtliche Bedingungen schafft, um den notwendigen Bau neuer Stromleitungen auch gegen egoistische Bürgerinitiativen („Energiewende ja, aber nicht bei mir!“) durchsetzbar zu machen. Die „Volksinitiative“ wäre besser beraten, sich einmal um diesen Widerspruch in den eigenen Reihen zu kümmern.