Wenige Wochen vor dem Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze hat jetzt die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ das Verwaltungsgericht angerufen, um eine einstweilige Anordnung zu erwirken.
Hamburg. Die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ hat beim Verwaltungsgericht Hamburg eine einstweilige Anordnung beantragt, um die Herausgabe der Bewertungsgutachten und Vertragsanlagen zur städtischen Beteiligung an den Vattenfall- und E.on-Netztöchtern zu erreichen. Das teilte die Initiative jetzt mit. Die Gutachten waren Grundlage für die Berechnung des Kaufpreises für die Energienetze, für deren 25,1-Prozent-Anteile die Stadt 543 Millionen Euro ausgegeben hat. Der Senat hat die Herausgabe bisher mit dem Hinweis auf „sensible Unternehmensdaten“ verweigert. Die Hamburger Grünen unterstützen den Vorstoß der Initiative.
Bereits im Oktober 2012 hatte die Volksinitiative einen Antrag nach dem Transparenzgesetz gestellt, damit die Unterlagen öffentlich gemacht werden. Die Finanzbehörde hatte nach einem langwierigen Schriftwechsel erst vor kurzem einen endgültigen abschlägigen Bescheid erteilt, gegen den die Initiative Widerspruch eingelegt hat.
Der aktuelle Antrag auf eine einstweilige Anordnung ermöglicht es nun, gegebenenfalls noch vor dem Volksentscheid am 22. Sepember eine Offenlegung gerichtlich zu erzwingen. Insbesondere bei der Fernwärme sei nicht klar, wie der hohe Preis eigentlich zustande gekommen ist, heißt es von der Initiative. Die Initiative, die mit einem Volksentscheid den hunderprozenigen Rückkauf der Netze erreichen will moniert, dass „ein noch nicht einmal genehmigtes Kraftwerk einbezogen und möglicherweise ein zu hoher Ansatz bei der Ertragsprognose aus dem Stromverkauf angesetzt“ wurde.
Die Einschätzung, dass es hier um sensible Unternehmensdaten geht, wird von „Unser Hamburg – Unser Netz“ nicht geteilt. Bei den Strom- und Gasnetzen handele es sich um Monopole, aber auch bei der Fernwärme habe Vattenfall eine monopolartige Stellung und keine direkten Marktkonkurrenten. Genau für diesen Fall sehe das Transparenzgesetz vor, dass das Öffentliche Interesse überwiegen muss.
„Wir hoffen auf eine schnelle Prüfung durch das Gericht und eine Veröffentlichung noch vor dem Volksentscheid. Dies brächte Klarheit in die Kaufpreisdiskussion“, so Manfred Braasch, Vertrauensperson von „Unser Hamburg – Unser Netz“.
In ihrem Vorhaben unterstützt wird die Initiative von den Hamburger Grünen. In einer offiziellen Mitteilung der Grünen heißt es, die Vattenfall Stromnetz- und Fernwärmegesellschaften hätten bis heute keine Jahresabschlüsse für 2012 vorgelegt – andere Konzerntöchter schon. Über die Gründe dafür fordern die Grünen vom Senat Aufklärung.
Jens Kerstan, energiepolitischer Sprecher und Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt: „Gut informierten Bürgern kann man schlechter Angst machen. Darum mauern der Senat und Vattenfall, wo es nur geht. Vattenfall hält die Jahresabschlüsse der Netzgesellschaften zurück. Der Senat gibt sich mit einer Dividende von maximal 4,5 Prozent zufrieden. Welchen Gewinn der Konzern mit den Netzgesellschaften macht, bleibt unbekannt. Gleichzeitig malen die Gegner des Netzerückkaufs wider besseres Wissen das Schreckgespenst horrender Haushaltsrisiken an die Wand.“
Ob der Senat Vattenfall einen überhöhten Preis für seine Beteiligung gezahlt habe, könne niemand unabhängig überprüfen, so die Grünen. Das lasse sich nur mit offengelegten Bewertungsgutachten ändern. „Deshalb unterstützen wird den heutigen Vorstoß der Volksinitiative. Schon die Restriktionen für die Bürgerschaftsabgeordneten bei der Einsicht der Gutachten waren beispiellos, selbst handschriftliche Notizen hatte der Senat ihnen verboten. Das gab es noch nicht einmal bei der HSH Nordbank“, sagte Kerstan.