Die Deutschen arbeiten länger, die Rentner werden älter. Die Gewerkschaften warnen, dass sich viele Senioren im Alter noch etwas hinzuverdienen müssen.

Hamburg. Obwohl Stress und Belastungen zunehmen, müssen die Arbeitnehmer in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern immer länger arbeiten. Nach Informationen des Deutschen Gewerkschaftsbundes Nord (DGB Nord) ist das durchschnittliche Renteneintrittsalter in den drei Bundesländern gestiegen. Die Zahl der Minijobber im Alter von 70 Jahren und darüber in den drei Nordländern habe sich seit 2003 sogar verdoppelt, teilte der DGB-Nord am Mittwoch mit. In Schleswig-Holstein gibt es demnach 31.260 Minijobber in der Altersgruppe ab 65 Jahren. In Hamburg sind es 18.727, in Mecklenburg-Vorpommern 10.534.

Allerdings ist bei den Oldies unter den Minijobbern nicht klar, ob sie arbeiten wollen oder wegen des geringen Rentnereinkommens müssen. Das ist statistisch nicht mit belastbaren Zahlen unterfüttert. Das Renteneintrittsalter zumindest ist wieder gestiegen, das heißt, die Deutschen arbeiten länger. Viele wollen Rentenkürzungen auch nicht hinnehmen, weil sie früher aus dem Arbeitsleben aussteigen und bleiben lieber noch im Job. Die Arbeitnehmer sind im Jahr 2012 so spät in Rente gegangen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Für berufstätige Männer begann der Ruhestand im Schnitt mit 64,0 Jahren, bei den Frauen mit 63,9 Jahren, wie aus Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) hervorgeht. 2011 waren langjährig versicherte Männer noch mit durchschnittlich 63,8 Jahren in Rente gegangen, bei Frauen waren es 63,2 Jahre. Ein durchschnittliches Renteneintrittsalter von mehr als 64 Jahren hatte es in Westdeutschland zuletzt Anfang der siebzger Jahre gegeben.

Nach der repräsentativen Befragungen des DGB gehen nur 42 Prozent der Beschäftigten in Deutschland davon aus, dass sie unter ihren derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zur Rente arbeiten können. Dagegen vermuten 47 Prozent, dass sie es wahrscheinlich nicht bis zum Rentenalter schaffen. Immer noch würden viele Arbeitnehmer Abschläge von ihrer Rente in Kauf nehmen, weil sie ihre Arbeit vorzeitig aufgeben müssen, sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord. Das steigende Renteneintrittsalter zeige aber auch, dass die Angst vor der Altersarmut real ist. Polkaehn sagte: „Schon jetzt erreicht der Durchschnittsrentner nach den Abschlägen und Versicherungsbeiträgen nur eine Rente von rund 800 Euro monatlich.“

Mit Minijobs für Senioren würden weder die Unternehmen noch die Gesellschaft froh, so Polkaehn weiter. Die Rente müsse reichen und solidarisch finanziert sein. Wer Erwerbstätige länger halten wolle, müsse dafür sorgen, dass Arbeitsbedingungen und Entlohnung stimmen. Arbeitszeitverkürzung, ein humaner Takt der Arbeit, verbesserte Gesundheitsförderung, altersgerechte Arbeitsplätze sowie lebenslange und altersadäquate Weiterbildung sollten zum Instrumentenkasten eines gut geführten Unternehmens gehören. Die Rente erst mit 67 oder gar 70 sei „ein Irrweg“. Der DGB Bezirk Nord umfasst die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die Gewerkschaften zählen in den drei Ländern nach eigenen Angaben zusammen rund 430.000 Mitglieder.