Emotionale Debatte mit Wutausbruch des Bürgermeisters. In der Aktuellen Stunde in der Hamburgischen Bürgerschaft stellten FDP und CDU der Regierung Scholz schlechte Noten aus.

Hamburg. In einer hoch emotionalen Debatte hat sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft zur Halbzeit der Legislaturperiode zu Wort gemeldet. Nachdem die Fraktionsvorsitzenden der Oppositionsparteien die Politik des Senats scharf kritisiert hatten, mahnte Scholz zunächst „mit der nötigen Ernsthaftigkeit“ zu diskutieren.

In der Debatte zur Legislatur-Halbzeit betonte Scholz, die SPD-Regierung habe schon viel erreicht. Sie habe den Haushalt in Ordnung gebracht, den öffentlichen Nahverkehr ausgebaut sowie für mehr Krippenplätze, Lehrer und Ganztagsbetreuung gesorgt. „Hamburg bekommt mit dem, was wir jetzt tun, das modernste Bildungssystem in Deutschland“, sagte er. Auch um den Wohnungsbau habe sich der Senat gekümmert.

Den Christdemokraten aber sei es in Regierungsverantwortung jahrelang „nicht eingefallen, dafür Sorge zu tragen, dass in dieser Stadt ganz bodenständig Wohnungen gebaut werden.“ Am 20. Februar 2011 hatte die SPD bei der Bürgerschaftswahl die absolute Mehrheit errungen und 15 Tage später die Macht übernommen.

„Es gibt überhaupt keinen Anlass für Eigenlob“

Die Opposition dagegen warf den Sozialdemokraten zahlreiche Fehler vor, die Bilanz der ersten beiden Regierungsjahre sei mager. Das Parlament werde oft vor vollendete Tatsachen gestellt. „Es gibt überhaupt keinen Anlass für Eigenlob“, sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding. Scholz habe zahlreiche Versprechen gebrochen oder uminterpretiert. Er blende die hohen Risiken aus, die seine Regierung Hamburg eingebrockt habe. So seien die Personalkosten gestiegen, statt wie versprochen gesenkt zu werden. Die juristischen Auseinandersetzungen zur Elbvertiefung habe der Senat nicht gut vorbereitet. „Die Euphorie der absoluten Mehrheit ist verflogen“, betonte der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dietrich Wersich.

Die Grünen bemängelten unter anderem, dass der Senat bei den Themen Luftqualität und Lärmschutz Sorgen und Gefahren ignoriere. Die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion, Anja Hajduk, kritisierte die Haushaltspolitik der SPD: „Auch beim Thema Finanzen gibt es für die SPD keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Die Haushaltssituation insgesamt hat sich im vergangenen Jahr trotz guter Konjunktur und günstiger Zinsen spürbar verschlechtert. Selbst die 1-Prozent-Regel wurde gebrochen: Die Ausgaben sind 2012 um 1,5 Prozent gestiegen.“

In der Debatte in der Hamburgischen Bürgerschaft warb der SPD-Abgeordnete Urs Tabbert für den Staatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zur Sicherungsverwahrung. „Dieses Vorhaben ist ein weiterer erfolgreicher Schritt der Nordkooperation. Es ist der richtige Weg, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes in beiden Ländern zu erfüllen“, sagte der Rechtsexperte der SPD-Fraktion. Die FDP monierte, der Staatsvertrag enthalte für Hamburg im Detail noch viele Unklarheiten.

Der Staatsvertrag ist zwar schon unterschrieben, doch benötigt wird auch die Zustimmung der Parlamente. Die Entscheidung in der Hansestadt soll erst zu einem späteren Zeitpunkt fallen. Die Abgeordneten beschlossen am Mittwoch, dass der Justizausschuss noch beraten soll. Nach den Plänen des Kieler Kabinetts und des Hamburger Senats darf Schleswig-Holstein ab Juni bis zu elf Sicherungsverwahrte in der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel unterbringen.

Hintergrund der Zusammenarbeit ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes: Sicherungsverwahrte müssen von Juni dieses Jahres an deutlich bessere Unterkünfte haben als Strafgefangene. In der JVA Fuhlsbüttel gibt es bereits seit Anfang 2011 eine neue Abteilung mit 31 Plätzen für Sicherungsverwahrte. Für die Unterbringung seiner Sicherungsverwahrten in der Hansestadt soll das nördlichste Bundesland jährlich rund eine Million Euro zahlen, muss dafür aber kein Geld für neue Einrichtungen ausgeben.

„Und bleiben Sie mir mit Ihren Phantasien vom Halse“

Im Zusammenhang mit dem Wohnungsbau wies er den Vorwurf von CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich zurück, keine Visionen zu haben. „Das ist kühn zu behaupten.“ Anschließend steigerte sich der Bürgermeister in einen Wutausbruch: „Und bleiben Sie mir mit Ihren Phantasien vom Halse“, rief er Wersich entgegen. „Die eine heißt HSH Nordbank, die andere Elbphilharmonie.“ Beides habe die Stadt viel Geld gekostet.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel verwies dagegen auf Erfolge in den ersten beiden Regierungsjahren: „Wir haben geliefert, das zeigt die Bilanz ganz deutlich.” Die SPD habe den Haushalt mit einem langfristigen Konsolidierungsprogramm wieder in Ordnung gebracht. „Zwei Jahre Politik für Hamburg - Versprechen gehalten”, meinen die Sozialdemokraten.

Es gebe mehr bezahlbaren Wohnraum, der öffentliche Nahverkehr werde ausgebaut und bei der Kinderbetreuung habe die Hansestadt eine Vorreiterrolle eingenommen, hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) erst kürzlich erklärt.