70 Prozent sind mit der Arbeit des Senats offenbar zufrieden. Bürgermeister bekommt beste Note. Opposition legt leicht zu.
Hamburg. Ein beliebter Bürgermeister, unverändert ordentliche Noten für seinen Senat, eine bessere Bewertung der Opposition und fast durchweg steigende Bekanntheitsgrade der Politiker - so fällt das Urteil der Bürger in der Mitte der Wahlperiode aus.
Nicht überraschend, aber doch auffallend ist zunächst, dass die Hamburger ihre Regierung und deren Herausforderer nach zwei Jahren im Amt besser kennen als noch vor einem Jahr. Gaben seinerzeit zum Beispiel noch 43 Prozent der Befragten an, Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) nicht zu kennen, ist dieser Wert nun auf 31 Prozent gesunken. Alle anderen Senatsmitglieder kommen mittlerweile auf Bekanntheitsgrade von mehr als 70 Prozent. Auch die Opposition hat in dem Punkt kräftig zugelegt: Die Fraktionschefs Dietrich Wersich (CDU) und Katja Suding (FDP) sind jeweils 78 Prozent der Wähler ein Begriff und damit bekannter als mancher Senator. Ausgerechnet bei Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gab es einen Rückgang: von 99 auf 98 Prozent - was als zufällige Unschärfe durchgeht. In jedem Fall gilt: Dass die Bürger die Politiker besser kennen, gibt ihrem Urteil mehr Gewicht.
Nach wie vor gilt aber, dass den 18- bis 34-Jährigen die Politiker am wenigsten bekannt sind. Selbst die Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt (SPD) kennen 30 Prozent der Befragten nicht. Bei den Über-50-Jährigen sind es hingegen nur zehn bis zwölf Prozent.
Das Institut GESS Phone & Field hat im Auftrag des Hamburger Abendblatts in der Zeit vom 29. Januar bis zum 4. Februar 1003 wahlberechtigte Hamburger befragt. Im Rahmen der repräsentativen Umfrage zeigten sich 70 Prozent der Befragten mit dem Senat zufrieden: 16 Prozent gaben ihm die Note "gut", 54 Prozent ein "überwiegend gut" - 20 Prozent stuften die Arbeit als "überwiegend schlecht" ein, lediglich drei Prozent glatt als "schlecht". Das entspricht in etwa den Ergebnissen des Vorjahrs. Interessanterweise fallen die Urteile von Frauen (74 Prozent Zustimmung) positiver aus als die der Männer (67 Prozent). Zwischen den Altersklassen sind die Unterschiede hingegen nur marginal: Hier schwankt die Zufriedenheit zwischen 70 Prozent bei den 35- bis 49-Jährigen und 73 Prozent bei den 50- bis 64-Jährigen. Bei der Unterscheidung der Befragten nach ihrem beruflichen Hintergrund, sind allerdings zwei Ausreißer zu beobachten: Bei Hausfrauen/Hausmännern liegt die Zustimmung für den Senat nur bei 50 Prozent, bei Studenten und Auszubildenden hingegen sogar bei 81 Prozent.
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Bemerkenswert für die einstige Arbeiterpartei SPD: Die Zufriedenheit mit ihrer Politik steigt mit dem Grad der Schuldbildung - von 64 Prozent bei Volks- und Hauptschulabsolventen auf 75 Prozent bei Abiturienten.
Dass der Senat von SPD-Anhängern zu 83 Prozent mit "gut" oder "überwiegend gut" bewertet wird, überrascht nicht. Der Opposition zu denken geben muss aber, dass selbst im CDU-Lager 57 Prozent diese guten Noten vergeben, bei Grünen und FDP-Wählern sind es sogar 74 Prozent. Lediglich Anhänger der Linkspartei kommen zu einem gänzlich anderen Urteil: Nur 32 Prozent stimmen der SPD-Politik zu, 61 Prozent finden sie "überwiegend schlecht", zwei Prozent schlecht.
Von den Senatsmitgliedern bekommt der Bürgermeister erwartungsgemäß die beste Note: 2,7 bedeutet allerdings einen minimale Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr (2,6). Am beliebtesten ist Olaf Scholz bei Studenten und Auszubildenden (2,3), während Hausfrauen ihn nur mit 3,1 bewerten. Von den Anhängern seiner Partei bekommt Scholz ebenfalls eine 2,3, und selbst unter Wähler von Grünen und FDP (jeweils 2,8), CDU (3,1) und Linken (3,2) fällt das Urteil ordentlich aus.
Am schlechtesten schneidet der Senator ab, den nach Scholz die meisten Hamburger kennen: Schulsenator Ties Rabe kommt zwar auf einen Bekanntheitsgrad von 81 Prozent, aber nur auf eine Schulnote von 3,3. Dabei fällt das Urteil der 35- bis 49-Jährigen, also der klassischen Eltern-Altersgruppe, mit 3,4 noch etwas negativer aus. Mögliche Ursachen könnten die wieder aufgeflammte Debatte um das Abitur nach acht Jahren (G8) und der Wunsch vieler Eltern nach einer Rückkehr zum G9 sein oder die nicht ganz reibungslose Einführung der ganztägigen Betreuung an Grundschulen (GBS). Alle anderen Senatsmitglieder kommen jedenfalls auf leicht besseren Noten zwischen 2,9 und 3,1 (siehe Grafik).
Auch in diesem Bereich gilt: Außer bei Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) benoten Frauen durchweg etwas besser als Männer. Eine gewisse Rolle spielt auch das Alter der Wähler: So bekommt Horch von den Über-65-Jährigen eine 2,7 - bei den 18- bis 34-Jährigen hingegen nur eine 3,1. Bei Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) ist es genau umgekehrt: ein 2,7 von den jüngsten Befragten, aber eine 3,1 von den Rentnern.
Zwei Ausreißer: Mit einer 2,2 bekommt Innensenator Michael Neumann (SPD) von Auszubildenden und Studenten die absolute Top-Note der ganzen Umfrage. Der für Arbeit, Soziales, Familie und Integration zuständige Senator Detlef Scheele (SPD) wird hingegen ausgerechnet von Arbeitern mit der Note 3,7 abgewatscht.
Aus Sicht der Opposition ist zunächst die gestiegene Bekanntheit der Fraktionschefs erfreulich. Lag sie vor einem Jahr noch zwischen 62 Prozent für den Grünen Jens Kerstan und 72 Prozent für FDP-Frontfrau Katja Suding, sind es nun 69 bis 78 Prozent, auf die außer Suding auch CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich kommt. Da die Opposition im Gegensatz zum Senat kaum Agieren kann und zudem erstmals vier Oppositionsfraktionen in der Bürgerschaft um die Meinungshoheit konkurrieren, ist es für sie von Bedeutung, überhaupt als Alternative wahrgenommen zu werden - das scheint zunehmend besser zu funktionieren.
Außer bei Dora Heyenn, die bei einer 3,6 verharrt, ist auch die Benotung durchweg besser geworden: Kerstan steigert sich von 3,2 auf 3,1, Wersich von 3,3 auf 3,2 und Suding von 3,5 auf 3,3. Die FDP-Fraktionschefin ist aber auch ein Beleg dafür, dass Bekanntheit wichtig, aber nicht alles ist. Denn an den ernüchternden zwei Prozent, die derzeit in Hamburg ihre Partei wählen würden, ändert auch ihre große Präsenz nichts.
Hoffnung darf Wersich machen, dass er von den CDU-Anhängern mit guten 2,6 bewertet wird, und damit nur unwesentlich schlechter als Olaf Scholz von den SPD-Wählern (2,3). Der ehemalige Sozialsenator Wersich ist derzeit der einzige, dem Ambitionen auf die Spitzenkandidatur 2015 nachgesagt werden. Als ein Makel galt bislang, dass er keinen hundertprozentigen Rückhalt in seiner Partei genießt - insofern ist das Umfrageergebnis für ihn erfreulich.
Kerstan wird von den 18- bis 34-Jährigen mit 2,9 deutlich besser bewertet als von den Rentnern, die ihm nur eine 3,4 geben. Umgekehrt das Bild bei Suding: Während die Jungwähler die FDP-Politikerin mit 3,5 relativ schlecht benoten, vergibt die älteste Gruppe immerhin eine 3,1. Bemerkenswert: Von Frauen wird die Liberale mit 3,2 besser bewertet als von Männern (3,5).