Weil die schulischen Leistungen von Bundesland zu Bundesland verschieden sind, schlägt Ties Rabe fundierte Ursachenanalysen vor.
Hamburg. Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), scheidender Präsident der Kultusministerkonferenz, hat die Vielzahl der Bildungsstudien wie PISA oder IGLU kritisiert. „Seit mehr als zehn Jahren wissen wir, dass die Schüler in einigen Bundesländern mehr können als in anderen“, sagte Rabe der „Zeit“. „Warum Schüler in Bayern oder Baden-Württemberg jedoch besser sind als in Berlin oder Hamburg, wissen wir bis heute nicht.“ Man brauche nicht immer neue allgemeine Beschreibungen „von Glanz und Elend in den Schulen“, sondern tiefergehende Untersuchungen.
Er habe nichts dagegen, von Bayern etwas zu lernen, sagte Rabe. „Ich muss nur wissen, was.“ Dafür benötige die Politik fundierte Ursachenanalysen. „Mit bloßen Datenmengen lässt sich keine Politik machen.“ Oft müsse die Politik reagieren, bevor die Ergebnisse langjähriger wissenschaftlicher Studien vorlägen. Die Bildungspolitiker würden derzeit mit Studien geflutet und keiner könne all diese Studien noch wahrnehmen.
Ein Problem sieht Rabe in der Zeitverschwendung. „Wäre ich Wissenschaftler, würde ich gerne einmal untersuchen, wie viel Zeit in der Schule verschwendet wird.“ Stunden würden nicht pünktlich beginnen, und vor den Ferien finde oftmals kein richtiger Unterricht mehr statt. Stattdessen würden dann Filme geschaut.
Der Kieler Bildungsforscher Olaf Köller räumte Defizite bei den Bildungsstudien ein. Es sei bislang vor allem „Beschreibungswissen“ angesammelt worden. Es mangele dagegen an „Handlungswissen“, wie Modelle für guten Unterricht in die Lehrer-Kollegien getragen werden könnten. Köller forderte langfristige Perspektiven in der Bildungspolitik. Nach den ersten PISA-Ergebnissen habe sich nahezu jedes Bundesland ein eigenes Sprachförderprogramm gebastelt, von denen die meisten wenig taugten.
Die Ranglisten der Bundesländer seien nicht nur langweilig, sondern auch gefährlich, kritisierte Köller. Bei den Verlierern stifteten sie Frust, bei den Gewinnern führten sie zur Selbstzufriedenheit. Dabei gebe es in allen Bundesländern zu viele schwache Leser und schlechte Rechner. Die internationale Bildungsforschung sei sich mittlerweile einig, dass für gute Lernerfolge vor allem guter Unterricht wichtig sei. So litten die Leistungen in Mathematik, wenn ein Lehrer das Fach nicht studiert hat. Die Organisation der Schule sei dagegen weniger entscheidend.