Mit 1200 Besuchern war das Zelt zwar bis auf den letzten Platz ausverkauft, davor äußerten jedoch zahlreiche Tierschützer ihren Unmut.
Hamburg. Tiere, Akrobatik und Show – die Premiere des Zirkus Charles Knie auf dem Hamburger Heiligengeistfeld hat am Donnerstagabend rund 1200 Besucher angelockt. Das Zelt sei bis auf die hinteren Reihen ausverkauft gewesen, sagte ein Sprecher. In der Nähe des Veranstaltungsortes protestierten Tierschützer gegen die Tierhaltung und Dressur im Zirkus. Die etwa 120 Teilnehmer der Kundgebung forderten „Kein Applaus für Tierausbeutung“. Auf einem anderen Transparent hieß es: „Tiere sind keine Ware“.
Zirkus-Sprecher Sascha Grodotzki wies die Vorwürfe zurück. „Würde es den Tieren schlechtgehen, könnten wir mit ihnen nicht arbeiten“, sagte er. Die Zuschauerzahl zeige zudem, dass die Mehrheit die Forderungen der Demonstranten ablehne. Der Zirkus präsentiert rund 100 Tiere, neben Pferden auch Zebras, Kamele, Nandus, Seelöwen und ein Känguru. Drei Elefantendamen kommen zu einem „Ballett“ in die Manege.
Am Vormittag hatte die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten” in Hamburg vor dem Eingang des Zirkus „Charles Knie” protestiert. Drei als Elefanten verkleidete Aktivisten jonglierten vor dem Zirkuszelt auf dem Heiligengeistfeld mit Bällen, sprangen Seil und ließen Hula-Hoop-Reifen kreisen. „Wir wollen mit diesem absurden Szenario zeigen, dass das genauso unnatürlich ist, wie das, was die Elefanten im Zirkus machen müssen”, sagt Yvonne Nottebrock, Wildtierexpertin bei der Tierschutzorganisation.
„Vier Pfoten” hat den Zirkus „Charles Knie” am Dienstag angezeigt, weil die Tiere besonders lange in Transportern eingesperrt gewesen sein sollen: „Wir und eine andere Organisation haben den Transport von Stendal nach Celle und dann nach Hamburg dokumentiert: Die Tiere waren bis zu 16 Stunden am Stück in engen Transportwagen eingesperrt”, sagt Nottebrock. Mit der „Ausrede” des Zirkus, in den Wagen gebe es eine Klimaanlage, will sie sich nicht zufrieden geben.
Der Zirkus stellte sich den Protesten: Pressesprecher Sascha Grodotzki schaute bei den Aktivisten vorbei und sprach mit ihnen. Er akzeptiere die Proteste und die Meinung der Tierschutzorganisation, zu der Anzeige sagt er jedoch: ”Darüber können wir nur lachen, weil wir wissen, dass es unseren Tieren gut geht. Es hat schon eine andere Organisation versucht, uns wegen der Transporte anzuzeigen, das Veterinäramt hat bestätigt, dass die Elefanten bis zu 24 Stunden in unseren Transportwagen bleiben können.
„Elefant” Martin, der zusammen mit den „Elefantendamen” Druscila und Martina protestierte, sieht das anders und jonglierte fast eine Stunde für den guten Zweck: „Ich setze mich als Elefant ein, weil ich finde, dass Elefanten im Zirkus nichts verloren haben, genauso wie andere Wildtiere, weil sie nicht artgerecht gehalten werden können. Sie haben zu wenig Platz, zu wenig Auslauf, zu wenig Beschäftigungsmöglichkeit, sie sind in enge Transportboxen gesperrt und ständig Stress ausgesetzt.”
„Vier Pfoten” hatte im November 2011 bereits den „Zirkus Krone” angezeigt - ebenfalls wegen zu langer Transportzeiten für Elefanten. Darauf entbrannte ein erbitterter Streit mit dem Zirkus.
Auch die Hansestadt setzte sich im Bundesrat für ein bundesweites Haltungsverbot von Wildtieren in Zirkussen ein: "Bestimmte wild lebende Tiere in Zirkussen artgerecht zu halten ist schon aufgrund der Mobilität der Betriebe kaum möglich. Durch die engen Käfige oder Fahrt-, Auf- und Abbauzeiten fehlt den Tieren die artgerechte Bewegung", sagte Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) im September 2011. Im November folgte der Bundesrat dem Vorschlag aus Hamburg. Bisher ist die Bundesregierung hier jedoch noch nicht aktiv geworden. Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde, bezeichnet das Verfahren als praktisch gescheitert. Da sich die Faktenlage nicht verändert habe, plane die Behörde derzeit keinen weiteren Vorstoß.
„Vier Pfoten” ist mit dem Verlauf und der Beachtung der Elefanten-Aktion zufrieden und hofft, damit in Berlin den Druck zu erhöhen, ein generelles Wildtierverbot im Zirkus durchzusetzen. Zirkussprecher Grodotzki sieht das skeptisch, da viele Politiker seiner Meinung nach nur auf den Zug aufspringen, da sie mit dem Einsatz für Tiere Sympathiepunkte sammeln könnten. Yvonne Nottebrock empfand das Gespräch mit Grodotzki als „friedlich”: „Wir haben unsere Argumente hin und her geworfen und gegenseitig dargelegt, aber wir kommen natürlich nicht zusammen”, sagt sie.
Mit Material von dpa