Verena Carl, Schriftstellerin und Journalistin (aktueller Roman: "Irgendwie Irgendwann", Eichborn Verlag)

Ich kenne einen Ort, der ist absolut krisensicher. Weder durch trudelnde Aktienkurse bedroht noch durch Krankheiten oder Liebesdramen. Es ist der Raum in meinem Kopf, in dem Geschichten entstehen. Wenn ich schreiben kann, bin ich glücklich. Und das macht mich erstaunlich immun gegen die Widrigkeiten des Lebens: Selbst wenn alles zusammenbricht, gibt es doch etwas, das mir keiner nehmen kann.

Natürlich hat auch mein innerer Schutzraum keine schalldichten Wände. Aber persönliche Krisen verwandeln sich dort in Spielmaterial, in Rohstoff, ohne den keine Figur entstehen könnte und keine Geschichte.

Ja, ich brauche sogar die mühsamen Zeiten im Leben - denn nichts ist langweiliger zu erzählen als permanentes Glück. Im Übrigen glaube ich, die meisten Menschen haben einen solchen krisensicheren Ort im Kopf - ob sie nun beim Schreiben Befriedigung erfahren oder beim Tai-Chi. Es lohnt sich, danach zu suchen.