Robert Andre, Philosoph

"Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes - aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel." (Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse)

Wenn einem unversehens die Welt zusammenbricht, in der man sich eingerichtet hatte, dann ist dies der bittere Moment einer zunächst ohnmächtigen Enttäuschung. Denn die Vorannahmen, auf denen man sein Leben aufgebaut hatte, erweisen sich plötzlich als falsch und nicht belastbar. Das Vertrauen an sich und in andere ist gebrochen. Diese Bitterkeit muss man erst einmal schmecken. Und verdaut wird man sie erst dann haben, wenn es einem gelungen ist, durch die Ent-Täuschungen hindurch einen tragfesten Grund für die eigene Existenz zu finden.

Wer eine solche Krise im Zuge einer ehrlichen Selbstprüfung durchgestanden hat, dem ist diese Erfahrung rückblickend unschätzbar wertvoll. Doch wenn ganze Kollektive in eine Krise geraten, dann sind die Lernprozesse langwieriger. Auch wenn gern daran erinnert wird, dass in der Krise die Chance steckt und dass im Ende immer auch ein Anfang keimt, so sind diese Prozesse in der Regel generationsübergreifend. Daran erinnert auch Kant, der die Hoffnung nicht aufgeben hat, dass die Menschen "endlich nach vielen Verwüstungen, Umkippungen und selbst durchgängiger innerer Erschöpfung ihrer Kräfte zu dem [gelangen], was ihnen die Vernunft auch ohne so viel traurige Erfahrung hätte sagen können".