Der im Fall Poggendorf mögliche Strafrahmen bewegte sich zwischen Geldstrafe und drei Jahren Haft. Trotz der schweren Vergehen habe das Gericht ihn nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilen dürfen. In ihrer mündlichen Urteilsbegründung las die Vorsitzende Richterin dem Angeklagten umso strenger die Leviten.

Hamburg. Poggendorf habe nicht aus wirtschaftlicher Not, sondern aus "purer Geldgier" gehandelt, sagt die Richterin. Er habe das Vertrauen von Spendern in den Tierschutzverein "nicht nur erschüttert, sondern zerstört". Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er zwischen 2003 und 2007 in insgesamt acht Fällen Vermögen des Vereins veruntreute, in einem Fall in Tateinheit mit Unterschlagung. Um mehrere Hunderttausend Euro schädigte Poggendorf den Tierschutzverein, missachtete unter anderen auch den letzten Willen von Verstorbenen, deren Nachlass er sich zum Teil aneignete. Unter anderem kaufte er dem HTV eine vererbte Wohnung auf Sylt für 120 000 Euro weit unter Marktwert ab, wobei er andere Kaufinteressenten dem Vorstand verschwieg erst, als das Abendblatt den Fall exklusiv enthüllte, kamen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Gang. Er habe schon immer eine Wohnung an der See haben wollen, sagte Poggendorf früher zu dem Fall.

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In einem anderen Fall veruntreute er Wertpapiere für 100 000 Euro aus einer Spende, kaufte zudem auf Kosten des HTV teure Kugelschreiber und eine edle Fotoausrüstung. Poggendorf habe "eine erhöhte kriminelle Energie an den Tag gelegt" und seine Machtposition "schamlos ausgenutzt", resümiert die Vorsitzende. Mit seinem Urteil folgt das Gericht weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Ankläger hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung sowie eine Geldbuße von 40.000 Euro gefordert. Poggendorfs Anwalt hatte auf eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren plädiert. Der Angeklagte hatte sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu Prozessauftakt gestanden. "Ich habe keine Rechtfertigung. Ich bin schuldig", sagte er.

Der im Fall Poggendorf mögliche Strafrahmen bewegte sich zwischen Geldstrafe und drei Jahren Haft. Trotz der schweren Vergehen habe das Gericht ihn nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilen dürfen. "Alles andere hätte dem Gesetz widersprochen", betont die Vorsitzende. Denn: Neben dem Geständnis des Angeklagten und seinem hohen Alter habe auch berücksichtigt werden müssen, dass er Schadenersatzzahlungen an den Verein geleistet habe, bisher unbestraft durch Leben ging. "Seine Sozialprognose ist günstig." Nach Gerichtsangaben zahlte Poggendorf schon vor Prozessbeginn rund 235 000 Euro an den Verein zurück. In der Summe sind jene rund 179 000 Euro enthalten, die die Staatsanwaltschaft im Dezember 2007 im Zuge ihrer Ermittlungen von seinen Konten pfändete.

Die derzeitige Vorsitzende des Tierschutzvereins Gabriele Waniorek-Goerke kündigt nach dem Urteil gegenüber dem Abendblatt an, mit zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen in Höhe von rund 400 000 Euro gegen Poggendorf vorzugehen. "Wir werden alle zivilrechtlichen Mittel gegen ihn ausschöpfen", sagt Gabriele Waniorek-Goerke. Man wolle Poggendorf für alle von ihm verursachten, auch noch zu erwartenden Schäden haftbar machen.

Vor kurzem hatte die Finanzaufsicht entschieden, dem Verein für die Jahre 2004 bis 2006 die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, weil der damalige Vorstand seine Kontrollpflichten gegenüber Poggendorf vernachlässigte. Der Verein muss daher rund 232 000 Euro Steuern nachzahlen. Waniorek-Goerke zum Abendblatt: "Der Vorstand des HTV hat damals insgesamt versagt." Zum Urteil sagt sie: "Wir sind damit nicht unzufrieden. Hinter Gittern nützt uns Herr Poggendorf nichts", auch wenn ein härteres Urteil vielleicht abschreckender gewirkt hätte. Einige Tierfreunde können ihren Unmut nicht für sich behalten: Sie rufen "Buh" und pfeifen Poggendorf aus, als der später mit seinem Anwalt auf dem Gerichtsflur Richtung Ausgang geht.