Noch immer tut sich nichts im Gängeviertel in der Neustadt. Kein Hinweis auf das geplante 50-Millionen-Projekt. Kein Bauzaun. Kein Kran. Nicht einmal ein Bauschild. Die historische Bausubstanz vergammelt weiter.
Hamburg. Nun will die Künstler-Initiative "Lebendiges und kreatives Gängeviertel" dem letzten Zeugnis Althamburgischer Wohnkultur Leben einhauchen. Einhundert Künstler, Musiker, Kunsthandwerker, Kleinunternehmer und Existenzgründer könnten danach im Gängeviertel Platz finden.
"Weil nichts passiert, glauben wir nicht, dass der holländische Investor das Projekt startet", sagt Florian Tampe, freier Künstler, der ein Atelier am Valentinskamp betreibt. Stattdessen werde das Viertel noch mindestens zwei Jahre lang leer stehen. "Für diese Zeit bieten wir eine Zwischennutzung an, die die Häuser nicht nur belebt, sondern auch immens aufwertet." Der holländische Investor Hanzevast hat im Sommer 2008 einen Vertrag unterschrieben, der festlegt, was wann gebaut wird. Es soll ein Wohn- und Geschäftsviertel einstehen. 80 Prozent der historischen Substanz werden abgerissen oder nur als Fassaden erhalten. Im Juni erklärte Hanzevast, "noch einen Co-Finanzierer" zu suchen. Nach Bezirksangaben muss in diesem Jahr der Bau beginnen. Sollte das nicht passieren, könnte Hamburg das ehemals stadteigene Areal selber überplanen. Eine Lösung, die im Bezirk positiv gesehen wird.
"Es ist traurig, was wir hier sehen. Die Häuser werden nur dichtgenagelt. Sicherungen der Substanz gibt es nicht; fast alle Dächer sind undicht", sagt Sebastian Rathert, der als Schildermaler sein Atelier dort hat. Das Interesse an den historischen Häusern sei bei den Passanten extrem hoch "Wir werden hier jeden Tag nach der Zukunft der Häuser gefragt." Bezirkschef Markus Schreiber (SPD) steht den Künstlern positiv gegenüber. "Kultur ist eine gute Nutzung. Immer noch besser als Verfall", sagt er. Weniger als ein Dutzend Menschen leben oder arbeiten in dem 4500 Quadratmeter großen Quartier. "In Hamburg suchen Hunderte von jungen Künstlern händeringend erschwingliche Atelierflächen. Viele gehen deshalb nach Berlin", sagt Florian Tampe. Unter den Künstlern, die sofort mitmachen würden, sind: die Streetart-Künstler der "Altona Stencil Artists", der Verein "Kulturelles Neuland e. V.", der Verein für Kunst, Bauen und Stadtentwicklung - "Kubasta", das Kollektiv Niedervolt-Hodini mit 20 Künstlern, das Künstlerkollektiv "Ebene +14", die bisherigen Mieter "Kupferdiebe" (Caffamacherreihe) und "Puppenstube" (Valentinskamp), Einzelkünstler wie Lena Schmidt, Manfred Kroboth (Künstler für Neue Medien), Woolwill (Schilder), Strandgut Fischer (Materialkunst), Vhoch4 (Stadtdenker), Goldrand (Musiker) und Jutta Konjer (Fotografie/Zeichnung). Weiterhin suchen 100 Künstler aus dem Frappant-Gebäude an der Großen Bergstraße, das Ikea weichen wird, neue Ateliers, sagte Gianna Schade, die Sprecherin der Künstler.