100 Jahre Atlantic-Hotel. Generationen von Hamburgern haben hier ihren Abtanzball oder den legendären “Ball über den Wolken“ erlebt.
Politiker haben hinter verschlossenen Türen konferiert, Schauspieler wie Romy Schneider den Blick auf die Außenalster genossen. Gestern feierte die Grande Dame ihr rundes Jubiläum - doch das Fest fiel, den schweren Zeiten der Wirtschaftskrise angemessen, bescheiden aus. Darüber hinaus hat das Haus schon glanzvollere Tage erlebt.
Zum Tanztee bat Altantic-Direktor Sebastian Heinemann und sein rund 200 Mann starkes, hoch engagiertes Team. 400 Gäste, darunter in erster Linie Stammgäste, und ehemalige Mitarbeiter waren gekommen, um sich mit "ihrem" Atlantic zu freuen. Doch zwischen Kuchenbüfett und Teebar wurde neben vielen guten Wünschen für eine prosperierende Zukunft des Grandhotels Klartext gesprochen.
Wenn das Hotel, das nicht mehr in der Fünf-Sterne-Kategorie geführt wird, im harten Konkurrenzkampf bestehen will, muss es Renovierungsarbeiten zügiger vorantreiben. Bisher wird die Generalsanierung wegen fehlender Gelder der Octavian Hotel Holding, die auch das Taschenbergpalais in Dresden und das Berliner Bristol betreiben, immer wieder hinausgezögert. Schon sind auf Hotelbewertungsportalen wie Holidaycheck böse Kommentare zu lesen. "Die Hotelzimmer bedürfen dringend einer Renovierung. Das Bad scheint aus den 70er-Jahren zu stammen", schreibt da beispielsweise ein unzufriedener Gast.
Das sahen die Gäste der Geburtstagsfeier ähnlich. "Ich wünsche dem Haus einen störungsfreien Umbau, gute Gäste, gute Mitarbeiter und gute Eigentümer", drückte das diplomatisch Uwe Frommhold aus, selbst früherer Direktor des Hauses. Auch Mechthild Walterspiel, Witwe des unvergessenen Atlantic-Direktors Karl Walterspiel, kam mit ihrer Tochter Christina und redete Tacheles. "Ich wünsche dem Atlantic eine gute Ausstattung und Aktionäre, die die Renovierung bezahlen." Howard Kroch, Honorarkonsul von Trinidad und Tobago, sagte nur einen Satz. "Es muss endlich investiert werden."
Denn das Atlantic ist ein Stück dieser Stadt, das für viele Hamburger eine Rolle in ihrem Leben spielte. Sieben hundertjährige Damen, die das Hotel eingeladen hatte, schwärmten von ihrem Bild des Hauses. "Ich wollte schon als junges Mädchen mal hier hinein", erinnert sich Käte Wolfram. "Das Atlantic steht für Luxus. Ich durfte hier 1945 eine Nacht verbringen", sagte Lydia Smuda (102) aus Winterhude. Vor der Tür waren Oldtimer aus jedem Jahrzehnt des Jahrhunderts aufgestellt, Mitarbeiter zeigten in Führungen Vorzeigeräume wie die BMW- oder Präsidentensuite. Sogar das Spitzwegstübchen unterm Dach, in dem Udo Lindenberg seine "Likörelle" malt, wurde kurz aufgesperrt. Als kleinen Gag hatten die "Atlanticaner" ein Zimmer wie nach dem Besuch ausgeflippter Rockstars verwüstet. Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch sagte in ihrer Laudatio: "Bei einem 100. Geburtstag verneigen wir uns in Ehrfurcht vor der Grande Dame. Hamburg gratuliert dem Haus, bedankt sich für die fruchtbare und bereichernde Beziehung." Hoffentlich bleibt das so.