Nach Abzug der USA brechen alte Konflikte wieder auf
"Souverän und stabil" sei der Irak, meinte US-Präsident Barack Obama, als die letzten seiner Kampftruppen das Land vor einer Woche gen Kuwait verlassen hatten. So stabil, dass neue Bombenserien Bagdad verwüsten, der schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki seinen sunnitischen Vize Salih al-Mutlak der Verschwörung bezichtigt und verfolgen lässt, die Kurden ihm Unterschlupf gewähren und nach völliger Autonomie streben. Und so souverän, dass sich Maliki alle Ratschläge aus dem Ausland als Einmischung verbittet.
Nein, das Eingreifen der Amerikaner im Irak stand von Anbeginn unter keinem guten Stern. Präsident George W. Bush hatte es mit der Lüge von noch vorhandenen Massenvernichtungswaffen begonnen. Geordnete Verhältnisse konnte auch die Supermacht nie herstellen. Im Gegenteil: al-Qaida ist eingesickert, und der Iran hat an Einfluss gewonnen. Obama hat jetzt versucht, die Sache einigermaßen gesichtswahrend für Washington zu Ende zu bringen. Immerhin steht der Sturz des blutrünstigen Diktators Saddam Hussein auf der Habenseite. Bedauerlicherweise werden aber manche Irakis sich verklärt an die Zeit erinnern, als im Lande noch Ruhe herrschte, wenn es auch Friedhofsruhe war. Spätestens dann, wenn sich die immanenten Konflikte zu einem veritablen Bürgerkrieg ausweiten.
Die Gefahr ist leider sehr real. Denn der Irak gehört zu jenen Staaten, die nach dem Ersten Weltkrieg mehr nach den Bedürfnissen der damaligen Siegermächte als den örtlichen Gegebenheiten konstruiert wurde. Den Kurden wurde der schon versprochene eigene Staat nicht gewährt, die Provinz Kuwait abgetrennt und verfeindete Sunniten und Schiiten unter einem staatlichen Dach zwangsvereint. Jugoslawien war ein ähnliches Konstrukt - Schicksal bekannt.