Bremer Unternehmer sieht keine Chance für seine Offerte. ThyssenKrupp will Hamburger Werft lieber an britischen Finanzinvestor verkaufen.
Hamburg/Bremen. Der Bremer Werftchef Friedrich Lürßen hat den Kampf um die Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss aufgegeben. "Wir hatten uns für unsere Initiative zunächst eine Frist bis Mitte November gesetzt und wollen sie nun nicht mehr verlängern", sagte der Chef der Bremer Schiffbaugruppe Lürssen gestern im Gespräch mit dem Abendblatt. "ThyssenKrupp, der Muterkonzern von Blohm + Voss, hat uns eindeutig und nachhaltig signalisiert, dass man sich einen Verkauf an uns nicht vorstellen kann. Sowohl das Management als auch die Betriebsräte sind dagegen", sagte Lürßen. Deshalb habe man sich dazu entschlossen, die eigenen Überlegungen nicht mehr weiterzuverfolgen.
+++ Thyssen lehnt Lürßens Angebot ab +++
+++ Wie alles begann: Lürßen will Blohm+Voss kaufen +++
Wichtig für den deutschen Schiffbau sei nun, dass der neue Eigentümer den Standort Hamburg sowie die Arbeitsplätze bei Blohm + Voss langfristig erhalte, so der Bremer Unternehmer. "Sonst besteht die Gefahr, dass die Branche zu klein wird, um in der deutschen Industrie noch eine Rolle zu spielen. Wir brauchen in allen fünf Küstenländern Werften, auf denen neue Schiffe gebaut werden können."
Auch im laufenden Jahr ist die Branche allerdings geschrumpft. So wurden nach einer Umfrage der IG Metall Küste innerhalb von zwölf Monaten bis Ende September 400 Jobs gestrichen. Die Zahl von insgesamt noch 16 351 Beschäftigten in allen deutschen Schiffbaubetrieben markiert nun einen historischen Tiefstand.
ThyssenKrupp verhandelt - nachdem die Schiffbaugruppe Abu Dhabi Mar (ADM) im Sommer abgesprungen war - nur noch mit dem Finanzinvestor Star Capital Partners über Blohm + Voss. Die Briten haben sich bisher in den Bereichen Telekommunikation, Gesundheit, Verkehr und Abfallwirtschaft engagiert. In Deutschland sind sie an Altenheimen beteiligt. Ihr neuestes Projekt ist eine Elektrizitätsleitung zwischen Großbritannien und Frankreich. Eine Entscheidung über den Verkauf steht jedoch noch aus. Sie soll spätestens bis zur Hauptversammlung des ThyssenKrupp-Konzerns am 20. Januar fallen. Dass die Verträge noch innerhalb der nächsten 14 Tage unterschriftsreif sein könnten, wie die "Financial Times Deutschland" berichtet, wollte eine ThyssenKrupp-Sprecherin gestern nicht bestätigen.
Die Briten sind am Neubau, der Reparatur und dem Maschinenbau mit knapp 1500 Beschäftigten in Hamburg interessiert. Blohm + Voss Naval, das sich mit 500 Mitarbeitern in Hamburg und Emden um Militäraufträge kümmern soll, sowie den U-Boot-Bau in Kiel mit 2000 Beschäftigten will ThyssenKrupp dagegen behalten.
Im Marineschiffbau ist Blohm + Voss derzeit mit dem Bau von vier Fregatten für die Deutsche Marine beschäftigt. Hier werden die Hamburger und die Lürssen-Werft noch bis zum Jahr 2018 zusammenarbeiten. Lürssen liefert dabei die Vorschiffe für die Fregatten und ist so zu 20 Prozent an dem 2,9-Milliarden-Projekt beteiligt. "Diese Kooperation ist von unserer Entscheidung über den Rückzug bei dem Kaufangebot unberührt. Bei dem Projekt arbeiten beide Werften professionell zusammen", sagte Lürßen.
Insgesamt fürchtet der Bremer Unternehmer jedoch eine weitere Konsolidierung im deutschen Schiffbau. Sie könne etwa Mecklenburg-Vorpommern, aber auch Hamburg betreffen, wo die Sietas-Werft im November einen Insolvenzantrag stellen musste. "Es ist sinnvoll, über eine Kooperation der beiden Hamburger Werften nachzudenken", sagte Lürßen. Denn zusammen mit der Sietas-Werft, die als Erste bundesweit einen Frachter für den Transport und die Installation von Windkraftanlagen auf See baut, könnten sich für Blohm + Voss neue Märkte auftun. Zu den Marineschiffen und Megayachten käme dann der zukunftsträchtige Offshore-Bereich. Sietas will das Schiff an die niederländische Van-Oord-Gruppe im Herbst 2012 abliefern.
Unterdessen hat sich das Auslaufen der "Queen Mary 2" aus dem Trockendock Elbe 17 gestern um mindestens zwölf Stunden verzögert. Hintergrund dafür seien heftige Stürme vor der britischen Küste, teilt die Reederei Cunard Line mit. In den vergangenen zehn Tagen hatte die Werft die "Queen" einer Schönheitskur unterzogen. So wurden an Bord sämtliche 1310 Kabinen mit neuen Teppichen, Vorhängen und Bettdecken ausgestattet. Die Arbeiten an dem 345 Meter langen und 41 Meter breiten Passagierschiff seien pünktlich abgeschlossen worden, so die Reederei weiter. Die "Queen Mary2" sollte nach den gestrigen Planungen Hamburg in den Nacht zum Dienstag bei Hochwasser verlassen.