Die Handelskammer will den Hamburger Rathausmarkt für Touristen noch attraktiver machen und löst damit eine erregte Debatte aus.
Hamburg. "Schickimicki-Pläne", eine "begrüßenswerte Idee", eine "attraktive Lösung", ein "Schock". So vielfältig wie die Pläne sind auch die Reaktionen der Hamburger auf den Vorstoß der Handelskammer zur Umgestaltung des Rathausmarkts. Wie berichtet, möchte die Kammer den Platz vor dem Rathaus attraktiver gestalten. Die Pläne sehen vor, Bäume und Pavillons am Nordrand des Platzes "ersatzlos zu entfernen". Die Buslinien sollen an die Bergstraße verlegt werden. Stattdessen soll der Platz für Cafés, eine repräsentative Tourismusinformation, einen Brunnen oder ein Kunstwerk genutzt werden. Der Rathausmarkt müsse zur "Guten Stube" des Hamburg-Tourismus werden, heißt es in dem Strategiepapier, das morgen offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Doch schon jetzt sind die Meinungen über das Vorhaben gespalten.
"Wir haben doch einen wunderschönen Platz, da brauchen wir solche Hirngespinste der Handelskammer nicht", sagt Markus Schreiber (SPD), Leiter des Bezirksamts Mitte. Darüber hinaus habe die Stadt für so ein "Schickimicki" überhaupt kein Geld. Mit Unverständnis reagiert SPD-Stadtentwicklungsexperte Andy Grote auf die Pläne. "Wir sollten nicht dauernd neue Baustellen aufmachen", sagt Grote, "sondern in den Bestand investieren." Die Stadt habe viel zu sanieren, beispielsweise die Deichtorhallen, die Universität sowie Schulen und Straßen. Hinzu komme der Neubau der Stadtentwicklungsbehörde, die neue Mitte Altona, der A-7-Deckel und nicht zuletzt die Elbphilharmonie. "Ich habe Zweifel, ob wir in dieser Situation anfangen sollten, den Rathausmarkt umzubauen." Selbst Oberbaudirektor Jörn Walter sieht "keinen vordringlichen Handlungsbedarf". "Der Rathausmarkt funktioniert gut." Heike Sudmann von den Linken, warnt vor einer "Zupflasterei mit Gastronomie". "Wir brauchen kein Kunstwerk vor dem Rathaus. Es ist doch selbst eine bauliche Attraktion."
+++Das sagen Abendblatt-Leser zu den Rathausmarkt-Plänen+++
Unterstützt werden die Pläne der Handelskammer von CDU, GAL und FDP. "Es ist immer gut, wenn sich Menschen Gedanken über die Attraktivität von Freiräumen in der Stadt machen", sagt der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Duge. Und gerade für den Rathausmarkt mit seinen Imbiss-Pavillons gebe es attraktivere Lösungen. Vorstellbar sei eine Refinanzierung der Investitionen über die Verpachtung von Gastronomie-Außenfläche auf dem Platz.
FDP-Stadtentwicklungsexperte Kurt Duwe sieht in den Plänen eine Chance, mehr für die Touristen in der Stadt zu tun. "Eine repräsentative Tourismusinformation unmittelbar am Rathaus ist dringend erforderlich."
+++ Baumfreie Zone vor dem Rathaus +++
Andreas Wankum, tourismuspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, warnt davor, sich auf dem Erreichten auszuruhen. "Es gilt, Gutes weiterzuentwickeln. In dem Zusammenhang kommt dem Rathausmarkt als eine der Visitenkarten Hamburgs eine zentrale Bedeutung zu."
Hamburg-Tourismus-Chef Dietrich von Albedyll bezeichnet die Ideen der Handelskammer als "guten Ansatz". Die Hamburg Tourismus GmbH sei in die Planung einbezogen worden und habe ihre Marktforschungsergebnisse zur Verfügung gestellt. Sollten die Pläne umgesetzt werden, müssten die Buslinien verlegt werden. "Hamburg ist mit dieser Idee gut beraten, denn überall im Ausland werden Altstädte oder Innenstädte zunehmend vom Verkehr befreit und damit für Besucher und Touristen attraktiver", sagt Günter Elste, Vorstandschef der Hamburger Hochbahn. Zwar sei die Hochbahn in die Planungen nicht einbezogen gewesen, habe aber mit der Kammer gesprochen: "Wenn der Busverkehr in die Bergstraße verlegt wird, muss diese für den Individualverkehr gesperrt werden", so Elste. "Wir sind kooperativ und werden uns an den Planungen beteiligen."
Dazu hat sich auch die Sprinkenhof AG, die die Pavillons bewirtschaftet, bereit erklärt. "Sollte der Senat die Pläne beschließen, werden wir die Entwicklung konstruktiv begleiten", sagt Vorstandssprecher Henning Tants. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass die Flächen vermietet seien und es laufende Verträge gebe.
Einen davon hat Daniela Gradert vor 15 Jahren unterschrieben. Sie betreibt den Hanseatentreff, hat vier Angestellte und verkauft täglich von 10 bis 19 Uhr Currywurst und Pommes. Sie war geschockt, als sie im Abendblatt von den Plänen erfuhr. "Der Platz hat sich doch bewährt", sagt sie. Und die Tourismuszentrale könne auch in einen der Pavillons einziehen. Vor einiger Zeit sei einer frei gewesen. Nun gebe es einen neuen Mieter. "Er verkauft Döner."