Eimsbütteler Bäckerei arbeitet an der Wiedereröffnung der ausgebrannten Filiale Lutterothstraße. Weitere Läden sind geplant.
Hamburg. Die königsblauen Papiertüten mit dem goldenen Schriftzug sind nicht aus dem Straßenbild wegzudenken. Die Eimsbüttler halten ihrer "konditorei" weiterhin die Treue - auch wenn sie dafür am Sonntag bei Minusgraden an der Osterstraße Schlange stehen müssen. Die Stimmung ist gut, weil es die Brötchen und Kuchen nach traditionellen Rezepten auch sind. Und jetzt kann die Inhaberfamilie Meyer wieder lachen: Das Backunternehmen "die kleine konditorei" wird in den kommenden Monaten expandieren. Der Schicksalsschlag vor einigen Monaten, der das Team viel Kraft und Nerven gekostet hat, scheint überwunden.
In der Nacht vom 22. auf den 23. Mai dieses Jahres hatten Unbekannte einen Motorroller, der an der Wand des Wohnhauses Lutterothstraße 9-11 geparkt war, in Brand gesetzt. Das Feuer war auf die darüber liegenden Wohnungen und die dortige Filiale der "kleinen konditorei" übergesprungen. Fünf Menschen wurden verletzt, unter ihnen drei Polizisten, die das Feuer löschen wollten. Backstube und Ladengeschäft, die erst wenige Monate zuvor aufwendig renoviert worden waren, wurden komplett zerstört. Die Ermittlungen der Polizei blieben ohne Erfolg, von den Tätern fehlt bis heute jede Spur.
"Der Schock saß tief", sagt Vize-Geschäftsführerin Britta Meyer, 51, die damals als Erste von der Polizei an den Tatort gerufen worden war und sofort einen Notfallplan entwerfen musste. Kollegen aus benachbarten Bäckereien halfen aus. Nachbarn und Kunden spendeten Trost auf der Facebook-Seite. "Die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft haben uns sehr geholfen." Im Familienunternehmen, das in vierter Generation von Tjark Meyer geführt wird, stand daraufhin fest: Wir lassen uns nicht unterkriegen.
In der Lutterothstraße laufen noch intensive Sanierungsarbeiten, Wiedereröffnung soll voraussichtlich im Laufe des nächsten Frühjahrs sein. Und es gibt weitere Pläne: Zu Beginn des kommenden Jahres sollen neben den beiden bestehenden Filialen zwei weitere Läden und eine neue Backstube in Eimsbüttel und Stellingen eröffnen, um den Kunden wieder das komplette Sortiment an Brot und Gebäck anbieten zu können. Außerdem sollen die Mitarbeiter in der zurzeit einzigen geöffneten Filiale an der Osterstraße 176 entlastet und die Wartezeiten verkürzt werden - am Wochenende erstreckt sich die Schlange der Brötchenholer manchmal bis auf den Gehweg. Im Februar 2012 soll die neue Backstube samt Geschäft an der Warnstedtstraße 28-32 eröffnen. Auf 600 Quadratmetern können dann Bäcker und Konditoren beliebte Produkte wie das Dreikorn-Nussbrot, die Eimsbuscher Brötchen oder den "New York"-Käsekuchen herstellen. Kurz darauf soll die vierte Filiale am Langenfelder Damm 75, in den ehemaligen Räumen einer Videothek, an den Start gehen. Doch nicht nur räumlich passiert einiges.
"Endlich können wir verstärkt nach neuen Kreationen forschen", sagt Juniorpartner Wanja Weskott, 26. "Wir möchten beispielsweise schon lange eine eigene Eisproduktion aufbauen." Der Strom dafür, aber auch für die gesamte Produktion, soll in näherer Zukunft aus einer eigenen großen Solaranlage kommen, schon heute arbeitet das Unternehmen laut Inhaber Tjark Meyer ausschließlich mit Ökostrom.
Besonders am Herzen liegt dem Inhaber jedoch der Wiederaufbau der Filiale Lutterothstraße: Hier eröffnete Gerd Meyer, der Vater des heutigen Geschäftsführers Tjark Meyer, zusammen mit seiner Frau Bärbel 1964 die erste Bäckerei unter dem Namen "die kleine konditorei". Die Tradition reicht jedoch schon weiter zurück: 1898 gründete Heinrich Meyer die erste Bäckerei in der Nordheide und belieferte die umliegenden Bauern mit Brot und Gebäck.
Sohn Rudolf übernahm 1941 das Geschäft und führte es in seinem Sinne fort. Der Umzug nach Hamburg erfolgte dann in dritter Generation unter Sohn Gerd. Seit 1995 ist Tjark Meyer am Ruder: Er eröffnete die zweite Filiale an der Osterstraße und machte "die kleine konditorei" zum Kult-Bäcker der Eimsbüttler, der bereits mehrfach vom Magazin "Der Feinschmecker" ausgezeichnet wurde.