Im Kinderkrankenhaus Altona starben im Januar 2010 zwei Frühgeborene, nachdem sie sich mit multiresistenten Darmbakterien ansteckten.

Hamburg. Nach dem Tod von drei Frühchen in einer Bremer Klinik durch die Infektion mit dem Klebsiella-Bakterium ist der Keim auch in Hamburg festgestellt worden. Im Altonaer Kinderkrankenhaus sind im Januar 2010, wie erst jetzt bekannt wurde, zwei frühgeborene Kinder verstorben, nachdem sie sich auf der Intensivstation mit multiresistenten Darmbakterien angesteckt hatten. Das berichtet das Abendblatt (Sonnabend-Ausgabe). Bei dem Erreger handele sich um einen sogenannten ESBL-Keim, gegen den verschiedene Antibiotika nicht mehr wirksam sind, sagte der Sprecher des Kinderkrankenhauses Altona, Rainer Süßenguth, dem Abendblatt auf Anfrage. An demselben Erreger waren drei Frühgeborene auf einer Intensivstation am Bremer Klinikum Mitte gestorben. "Es ist damals jedoch zu keiner schwierigen Situation oder einem Ausbruch gekommen“, sagte Süßenguth. Die beiden verstorbenen Frühchen seien "extrem leicht und sehr klein“ gewesen.

Auch in der Asklepios-Klinik im Stadtteil Barmbek war der Keim im September bei Frühchen aufgetreten, führte aber nicht zu Todesfällen. Wie die Bakterien in die Intensiv-Frühchenstation gelangten, konnte auch durch umfangreiche Untersuchungen nicht geklärt werden, wie ein Sprecher der Asklepios-Klinik am Freitag auf Anfrage sagte.

Etwa 160 Oberflächen sowie Nahrungsmittel, medizinische Geräte sowie Kleidung und Hände des Personals wurden auf das Vorkommen des Keims kontrolliert. Durch die Untersuchungen lässt sich nach Aussage des Kliniksprechers ausschließen, dass Mitarbeiter des Krankenhauses die Bakterien in die Station gebracht hätten.

Trotzdem wurden die Klebsiella-Erreger auf der Haut von 18 Frühchen festgestellt, zwei der Neugeborenen hatten sich mit dem Keim infiziert. Daraufhin musste die Station über zwei Wochen geschlossen werden. Die mit dem Keim besiedelten Babys wurden in eine isolierte Station verlagert. Erst am 22. September konnten wieder neue Frühchen in der Station aufgenommen werden.

Auf der Frühchenstation des Klinikums Bremen-Mitte waren im August und im Oktober ein Mädchen und zwei Jungen an Bakterien der Gattung Klebsiella gestorben. Weitere vier Kinder waren schwer erkrankt. Insgesamt infizierten sich 15 Kinder seit Ende Juli mit dem besonders resistenten Keim, zehn von ihnen befinden sich noch in der Klinik. Am Freitag suchten Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) weiter nach der Ursache der Infektionen.

Eine Möglichkeit, wie der Keim in das Hamburger Krankenhaus gelangt sein könne, sei die Aufnahme und Behandlung infizierter Patienten, sagte der Kliniksprecher weiter. Nach Asklepios-Informationen wurden seit September an fünf schwangeren Frauen Klebsiella-Bakterien festgestellt.

Das Auftreten solcher Keime sei beim Menschen keine Seltenheit. Für Erwachsene stelle das Darmbakterium auch kein größeres Risiko dar, für das kaum ausgeprägte und geschwächte Immunsystem eines Frühgeborenen schon, sagte der Sprecher. Vor allem, weil diese Keime gegen einen Großteil der Antibiotika resistent seien.

Deshalb führt das Klinikum eigenen Angaben zufolge auch ohne Verpflichtung durch die Gesundheitsbehörden regelmäßige Kontrollen durch. Neu aufgenommene Patienten würden sofort auf Bakterien im oder auf dem Körper getestet. Bei den Frühchen erfolge alle zwei Tage eine Kontrolle.

Am 17. Oktober erklärte das Gesundheitsamt den Ausbruch der Klebsiella-Bakterien in der Asklepios-Klinik Barmbek offiziell für beendet. Bis jetzt sei es der einzige Fall in diesem Krankenhaus. Auch aus den anderen Asklepios-Kliniken ist nach Auskunft des Sprechers ein Auftreten dieses Keimes nicht bekannt.

Nach dem Tod dreier Frühchen durch Infektion mit einem Darmkeim will das Klinikum Bremen-Mitte so schnell wie möglich mit der angekündigten radikalen Desinfektion der betroffenen Frühgeborenen-Intensivstation beginnen. Die noch auf der Station befindlichen 15 Kinder werden dafür in den nächsten Tagen auf eine andere isolierte Station verlegt, wie eine Sprecherin des Klinikverbundes Gesundheit Nord sagte.

Anschließend sollen sämtliche Geräte und Möbel aus der Frühchenstation entfernt werden, um alles komplett zu säubern. "Eine so gründliche Desinfizierung dauert mindestens eine Woche“, sagte die Sprecherin. Das Klinikum will damit die mögliche Infektionsquelle ausschalten.

Auf der Frühchenstation waren im August und im Oktober ein Mädchen und zwei Jungen an Bakterien der Gattung Klebsiella gestorben. Weitere vier Kinder waren schwer erkrankt. Insgesamt war der Keim auf der Haut von 15 Kindern entdeckt worden, zehn von ihnen befinden sich noch in der Klinik. Zudem liegen auf der Station fünf nicht betroffene Kinder. Am Freitag suchten Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) weiter nach der Ursache der Infektionen.

Die Gesundheits-Deputation der Bürgerschaft wird sich noch in diesem Monat in einer Sondersitzung mit dem Fall beschäftigen. Möglicher Termin sei der 23. November, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsressorts.

Die angekündigte Überprüfung des Infektionsschutzgesetzes kann nach Angaben der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ulrike Flach (FDP), dazu führen, dass die Bundesregierung das Gesetz nochmals verschärft. "Sofern sich Schutzlücken im Gesetz zeigen, werden wir nachsteuern“, sagte Flach der "Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der "Passauer Neuen Presse“: "Wir haben in Deutschland große Probleme in der Krankenhaushygiene.“ Deutschland schaffe es nicht, bei der Klinik-Hygiene den Standard eines Industrielands zu erreichen. "Wir brauchen ein Krankenhaushygienegesetz mit klaren und bundesweit einheitlichen Vorgaben für die Länder.“

Darüber hinaus forderte der Arzneimittelexperte Gerd Glaeske bei Radio Bremen, Antibiotika sparsamer und passgenauer einzusetzen. Ansonsten entstünden immer mehr resistente Keime und die Antibiotika wirkten nicht mehr. Der Wissenschaftler sprach sich für öffentliche Förderprogramme zur Entwicklung neuer Wirkstoffe aus, um finanzielle Anreize für die Pharmaunternehmen zu schaffen. (abendblatt.de/dapd)