Der Investor erwirbt das Grundstück auf St. Pauli nicht ohne eine Baugenehmigung. Die wird aber nur erteilt, wenn es verkauft wurde.
St. Pauli. Bratwurst, Frikadellen und Kartoffelpuffer, alles heiß und frisch gemacht, und das auch noch nachts an der Reeperbahn - das war einmal typisch hamburgisch: in der Imbissbude Zur heißen Ecke, die 40 Jahre lang existierte und heute nur noch im gleichnamigen Erfolgsmusical in Schmidts Tivoli weiterlebt. Das Grundstück der Heißen Ecke an der Ecke Reeperbahn und Hein-Hoyer-Straße gegenüber der Davidwache ist seit 20 Jahren unbebaut. Und wird es wohl auch noch bleiben.
Denn auch der jüngste Verkaufsversuch scheint geplatzt zu sein. Der Eigentümer Burim Osmani, der im Rotlicht Hamburgs groß geworden ist, hat nach NDR-Informationen vor zwei Wochen das 194 Quadratmeter große Grundstück zum Verkauf angeboten, obwohl es schon längst an einen anderen Investor verkauft sein sollte. Burim Osmani war im Februar 2011 wegen Beihilfe zur Untreue und Betruges zu fünf Jahren verurteilt worden; die Reststrafe ist zur Bewährung ausgesetzt.
So wird die Ecke wohl erst einmal das bleiben, was sie jetzt ist: ein Schandfleck mit bunt bemalten Wänden an den Nachbarhäusern, die leere Fläche notdürftig mit einem Bauzaun gesichert und voller Scherben und Müll.
Die jüngste Chronik ist kurios: Am 3. Februar 2011 gab der Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Markus Schreiber (SPD), zwischen den Scherben in der Heißen Ecke eine Pressekonferenz. Zusammen mit Markus Aluta von der österreichischen Baufirma Alpine erklärte Schreiber: "Jetzt wird bebaut!" Für acht Millionen Euro solle ein 24 Meter großer Hotelneubau mit 90 Zimmern entstehen. Höhepunkt solle eine gut zehn Meter hohe "Medienwand" werden, auf der Werbung sowie Kultur- und Stadtteilnachrichten flimmern sollten. Dazu war im Erdgeschoss wieder ein Imbiss mit heißen Würsten geplant. Jetzt scheint nur heiße Luft von dem Projekt übrig zu sein.
Denn der geplante Verkauf an die Alpine wurde nach Auskunft des Bezirksamtes Mitte nicht vollzogen. Im Grundbuch soll dem Bezirk zufolge immer noch Burim Osmani mit einer seiner Firmen als Geschäftsführer und Eigentümer eingetragen sein.
So lief in den vergangenen knapp acht Monaten ein Tauziehen und Poker, bei dem der Bezirk Mitte hart blieb. Der will eine Baugenehmigung erst geben, wenn der Verkauf rechtsgültig vollzogen ist. Doch vorher muss der Grundstückseigentümer einen genehmigungsfähigen Bauantrag einreichen. Die Krux für Osmani: Ohne Baugenehmigung will Alpine nach Insiderinformationen nicht kaufen.
Auch den genehmigungsfähigen Antrag gibt es bis heute laut Bezirk nicht. Hintergrund: "Wir geben jetzt keine Baugenehmigung, weil diese an den Eigentümer des Grundstücks gebunden ist und nicht an eine Baufirma", erklärt Markus Schreiber. Wenn man jetzt eine Baugenehmigung erteile und dann der Bauträger abspringe, hätte Osmanis Firma die Genehmigung. Es heißt aus dem Bezirk, das wolle man nicht. Bis Anfang Oktober hatte es auf Abendblatt-Nachfragen im Bezirksamt Mitte immer geheißen: Die Erteilung der Baugenehmigung stehe "ganz kurz" bevor. Doch vor gut zwei Wochen auf der Immobilienmesse "Expo-Real" in München trat Burim Osmani plötzlich neben einem mannshohen Plakat auf. Laut Plakat soll nicht mehr die Alpine der Bauherr oder Investor sein, sondern die in Hildesheim ansässige Hanseatic Group.
Auch der anvisierte Hotelneubau soll jetzt neun statt sechs Stockwerke umfassen und 117 Zimmer bieten. Dazu ist "Gewerbe auf 265 Quadratmetern" geplant. Auf dem Plakat, das dem Abendblatt in einer Ablichtung vorliegt, heißt es: "Hier entsteht ein Hotel."
Die für Burim Osmani in der Sache tätige Firma GGS hat ebenso wie die Alpine auf eine Anfrage des Abendblatts nicht reagiert. Auch die Firma Hanseatic Group war gestern zu keiner Stellungnahme bereit.
Das Poker begann 1989, als der Immobilienkaufmann Norbert Blohm die 194 Quadratmeter für fast zwei Millionen Mark kaufte. 1991 schloss Wirtin Ella Mehrhoff nach 40 Jahren den Imbiss. Blohm konnte sein Projekt, einen Glasturm, nicht verwirklichen. Burim Osmani kaufte die Ecke und auch die Nachbargrundstücke. Sein Plan, einen 40 Meter hohen "Osmani-Tower" zu bauen, platzte. 2006 versuchte Mario Mettbach, früherer Bausenator (damals Schill-Partei), das Grundstück zu vermitteln - und verlor seinen Job als Logistikbeauftragter des Senats, als die Verbindung zu Osmani bekannt wurde. 2008 wollte die "bit"-group ein Hotel errichten und scheiterte.