Der Bund der Steuerzahler präsentiert sein neues Schwarzbuch. Hamburg ist bei den schlimmsten Fällen von Verschwendung viermal vertreten.
Hambug. Der Bund der Steuerzahler : schlägt mit seinem neuen Schwarzbuch wieder Alarm in Sachen Verschwendung: Geht es um die Verschwendung von Steuergeld , ist schnell von Hamburg die Rede - gleich viermal taucht die Hansestadt im 39. Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) auf. Heute wurde die neue Sammlung der schlimmsten Steuergeldverschwendungen präsentiert. Hamburg steuert den Energieberg Georgswerder, das Geisterdorf Neuenfelde, den Zug der Ideen sowie das Polizeiorchester bei. Es geht um rund zehn Millionen Euro, die aus Sicht des Steuerzahlerbundes sinnlos versickern. Zwei weitere Fälle wurden für das Schwarzbuch nominiert, schließlich aber doch nicht berücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Hamburg-WG und das Projekt Rathauskicker.
Lesen Sie hier die Begründung des Bundes der Steuerzahler für die Auswahl:
Horizontweg auf dem Energieberg Georgswerder
Für die Internationale Bauausstellung Hamburg (IBA) im Jahre 2013 soll die alte Mülldeponie in Georgswerder, die Ende der 1970er-Jahre geschlossen und anschließend aufwendig saniert wurde, von einem „negativen Wahrzeichen in ein Highlight erneuerbarer Energien“ umgewandelt werden - durch Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie die Verwertung von Biomasse und Deponiegas.
Der "Energieberg Georgswerder“ wird zur IBA auch für Besucher zugänglich sein. Dafür wird ein 900 Meter langer Rundweg als Stahlkonstruktion errichtet, der in neun Metern Höhe auf Stelzen um die Kuppen der Deponiehügel führt. Zusätzlich wird der Rundweg beleuchtet, damit er auch nachts weithin sichtbar ist.
Der Bund der Steuerzahler meint, dass die Besucher die Hügel zu großen Teilen ohne den so genannten Horizontweg erkunden können. Ein normaler Spazierweg, der auch über die Hügelkuppen führen könnte, wurde jedoch abgelehnt. Grund: Die Sichtbarkeit des Hügels müsse gesteigert werden. Ein kostengünstigerer Aussichtsturm wurde nicht in Erwägung gezogen.
Weil nach Ansicht des Steuerzahlerbundes auch das von den Kuppen sichtbare Panorama nicht eindrucksvoller vom Horizontweg aus zu betrachten ist, beschränkt sich der Mehrwert der Stahlkonstruktion also nur auf seine Sichtbarkeit von außen, insbesondere durch die nächtliche Beleuchtung. Die erweckt nun ausgerechnet den Eindruck, als ob der Energiehügel einen Heiligenschein hätte. Baukosten zurzeit: 3,05 Millionen Euro.
Geisterdorf Neuenfelde
Für die Erweiterung des Airbus-Geländes wurden 48 Grundstücke im benachbarten Dorf Neuenfelde gekauft und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA zur Verwaltung übertragen. Von den insgesamt 86 Wohnungen stehen seit 2004 rund zwei Drittel leer.
Der Senat verzichtete auf die Vermietung, weil er befürchtete, dass neue Mieter gegen die Lärmbelastung vor der Haustür klagen könnten.
Ein Lärmgutachten (8600 Euro) kam 2010 aber zu dem Ergebnis, dass alle Wohnungen seit Jahren hätten vermietet werden können. Die Belastung durch Starts und Landungen der Flugzeuge überschreitet keinen einzigen Grenzwert. Nun will der neue Senat rund 6,8 Mio. Euro in die Sanierung der leer stehenden Häuser stecken, damit sie wieder vermietet werden können.
Hinzu kommen die Kosten für Schallschutzmaßnahmen. Entgangene Mieteinnahmen und die zeitweise Bewachung der leer stehenden Häuser haben Hamburg rund eine Million Euro gekostet.
Zug der Ideen
Hamburg ist die "Umwelthauptstadt Europas 2011". Mit diesem Titel soll die Stadt den EU-Regularien zufolge „eine anspruchsvolle Bewusstseinsbildungs- und PR-Strategie sowie Handlungspläne und Veranstaltungsprogramme entwickeln und umsetzen“. Dafür stellte die Bürgerschaft 8,65 Millionen Euro zur Verfügung.
Der "Zug der Ideen" steht im Mittelpunkt der Aktionen. Sechs Monate lang tourte der Zug durch Europa und stoppte in 18 Städten (u.a. Oslo, Barcelona, Tallin, Wien). In sechs Containern wird Europa über die Herausforderungen wachsender Städte im Umweltschutz informiert. Hamburg empfiehlt sich dabei stellenweise als Vorbild, zum Beispiel mit einem Leihfahrradsystem.
Kritikpunkt des Steuerzahlerbundes: "Das gibt es bereits seit 1997 sehr erfolgreich in Paris. Neues, Innovatives oder selbst etwas originär Hamburgisches, von dem Europa erfahren sollte, wird im Zug der Ideen nicht gezeigt. Stattdessen werden althergebrachte Themen wie Mülltrennung und Wassergüte in Spielen und Kunst-Installationen für den Besucher konsumierbar verpackt. Selbst Themen mit hohem Potenzial für mehr Umweltschutz in Städten, wie intelligente Ampelsysteme, die den Verkehrsfluss erhöhen und die Feinstaubbelastung reduzieren können, werden uninspiriert präsentiert."
+++ Steuerzahlerbund prangert Verschwendung im Norden an +++
Der Hamburger Steuerzahler hat für dieses Projekt vier Millionen Euro bezahlt. Laut BdSt hätte man das Geld besser in ein Konzept zur Mülltrennung investieren sollen: "So etwas findet in weiten Teilen Hamburgs nämlich nicht mal im Ansatz statt und ist eigentlich eine gute Idee."
Polizeiorchester
Das 35-köpfige Hamburger Polizeiorchester hatte im Jahr 2010 rund 100 Auftritte, erzielte dabei Einnahmen in Höhe von 30.890 Euro. Es kostet den Steuerzahler aber 1,65 Millionen Euro und damit fast 54-mal so viel. Auch im ersten Halbjahr 2011 sieht die Bilanz ähnlich aus: 17.805 Euro Einnahmen stehen Ausgaben in Höhe von 823.914 Euro gegenüber. "So ein unwirtschaftlich arbeitendes Orchester kann sich die Stadt nicht leisten - es gehört abgeschafft", so der BdSt.
Diese Projekte wurden für das Schwarzbuch nominiert:
Rathauskicker
Kritik übt der Steuerzahlerbund auch an den Hamburger "Rathauskickern". Diese Fußballmannschaft setzt sich aus Bürgerschaftsabgeordneten, Fraktionsmitarbeitern und Rathausangestellten zusammen. Die Spieler treten gegen Mannschaften anderer Parlamente und Stadträte an und kommen nach eigener Aussage auch "bei besonderen Anlässen wie Vereinsjubiläen zum Einsatz". Zur Unterstützung der Aktivitäten bewilligen sich die Abgeordneten im Hamburger Rathaus seit 2004 einen Zuschuss: Insgesamt sind bereits 22.000 Euro aus Steuergeld in die Vereinskasse geflossen.
Hamburg-WG
Auf St. Pauli wurde ein exklusives 200 Quadratmeter großes Loft an der Reeperbahn angemietet, in das vier junge Nicht-Hamburger einziehen sollten.
Ein Jahr lang kostenlos wohnen und in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook über ihren Alltag berichten - so lautete die Auslobung. Als die Kosten des Projektes öffentlich wurden, regte sich Widerstand. Auch der Steuerzahlerbund kritisierte dieses Stadtmarketing auf "Big-Brother“-Niveau und forderte die Einstellung.
Hamburg zog sich aus der Finanzierung zurück. Auf einem Großteil der Kosten bleibt der Steuerzahler sitzen: rund 150.000 Euro des städtischen Zuschusses von 279.000 Euro waren nicht mehr zu retten.