Dozenten aus ganz Deutschland schreiben offenen Brief an Behörde und Gewerkschaften. Behr hatte Polizei vorgeworfen, zu viel zu jammern.
Hamburg. Die Polizei jammert zu viel und stellt sich in der Öffentlichkeit als Opfer dar, was die Bevölkerung irritiert: Das sind nur zwei Thesen, mit denen der Kriminologe Rafael Behr , Professor an der Hamburger Polizeihochschule, in der Diskussion über zunehmende Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Polizeibeamten vor Kurzem heftig aneckte. Die Polizeigewerkschaften forderten nach der scharfen Kritik sogar seine Ablösung. In einem offenen Brief an den Innensenator Michael Neumann (SPD), den Polizeipräsidenten Werner Jantosch und die Polizeigewerkschaften nehmen Polizeiforscher und Hochschullehrer aus ganz Deutschland Rafael Behr in Schutz - und geben ihm inhaltlich recht.
Auf die Äußerungen des Hamburger Kriminologen hätten die Polizeigewerkschaften mit "wütenden Angriffen, absurden Kündigungsforderungen sowie persönlichen Diffamierungen" reagiert, heißt es in dem Schriftstück. "Nicht nur die Wortwahl war hier-bei unfair und überzogen, vielmehr verdeutlichen die Beiträge ein verengtes und problematisches Selbstbild der Gewerkschaftsfunktionäre", schreibt Bernhard Frevel von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW. 34 Kollegen haben den Brief unterzeichnet, darunter Thomas Feltes, Kriminologe von der Ruhr-Universität Bochum, Christian Barthel von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster und Daniela Hunold vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht.
+++ Hamburger Kriminologe: Die Polizei jammert zu viel +++
+++ Streitgespräch: Die Polizei, dein Freund und Jammerer? +++
+++ Hamburger Polizisten fordern mehr Respekt +++
Gerade die Polizei müsse sich einer kritisch-konstruktiven Diskussion stellen, schreiben Behrs Unterstützer, "da sie von Staat und Gesellschaft zur Ausübung von Zwang und legitimierter Gewalt beauftragt wurde". Weiter heißt es in dem Brief: "Anders als für die polizeipolitischen Akteure ist es nicht nur Privileg, sondern Pflicht der Polizeiwissenschaft, die Polizeidiskussion nicht einseitig interessengeleitet zu führen." Forschung und Wissenschaft müssten solchen Instrumentalisierungen vielmehr etwa mit theoretischen Einordnungen und Gegenthesen begegnen. "Nichts anderes hat Rafael Behr in seinen Interviewaussagen getan." Seine Unterstützer fordern nun, dass die Gewerkschaftsfunktionäre, die Behr respektlos behandelt hätten, die "überzogenen Angriffe" auf den Professor unterlassen und sich mit seinen Thesen auseinandersetzen.