Wahl verlief spannender als erwartet. Hamburgs neuer Bürgermeister im Abendblatt-Interview: Ich werde mit allen Parteien zusammenarbeiten.
Hamburg. Der Sozialdemokrat Olaf Scholz ist der 13. Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg seit 1946. Der 52 Jahre alte Rechtsanwalt aus Altona erhielt bei seiner Wahl in der Bürgerschaft 62 Stimmen - eine Stimme mehr als erforderlich.
Scholz nannte seine Wahl in gewohnter Zurückhaltung "ein Ereignis, das mich mit großem Respekt erfüllt". Eine Hauptaufgabe sei die Konsolidierung des Haushalts. "Die Hamburger haben sich eine gute Regierung bestellt, und es wird mein Ehrgeiz sein, diesem Anspruch gerecht zu werden", sagte Scholz im Abendblatt-Interview.
Die Wahl des Ersten Bürgermeisters verlief spannender als zunächst erwartet. Der SPD, die über eine knappe absolute Mehrheit von 62 Sitzen in der Bürgerschaft verfügt, fehlte plötzlich eine Stimme. Der Harburger SPD-Abgeordnete Frank Wiesner saß nach einem Urlaub im westafrikanischen Togo fest, weil sein Flug gestrichen worden war. SPD-Sprecher Christoph Holstein sprach von "individuellem Fehlverhalten" des Neu-Parlamentariers.
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Da Scholz trotzdem 62 Stimmen erhielt, muss er mindestens eine Stimme aus der Opposition bekommen haben. "Dass ein Abgeordneter der Opposition mich gewählt hat, ist ein gutes Zeichen", sagte der Bürgermeister, der ankündigte, mit allen im Parlament vertretenen Parteien zusammenarbeiten zu wollen. "Es geht darum, die vier Oppositionsparteien nicht auszugrenzen, sondern in die Willensbildung einzubeziehen", sagte Scholz im Abendblatt-Interview.
Der Sozialdemokrat sieht diese "Offenheit in den Meinungsbildungsprozessen" als ein Element seines Regierungsstils an. "Man darf nicht glauben, dass alles immer genauso kommen muss, wie man es sich persönlich überlegt hat", sagte Scholz. Das sei "Teil einer entspannten Politik".
Unmittelbar nach seiner Wahl berief Scholz den bisherigen Bergedorfer Bezirksamtsleiter Christoph Krupp (SPD) zum Chef der Senatskanzlei. Der Bürgermeister regiert zunächst allein, weil er sein Senatsteam erst im Lauf der kommenden Tage zusammenstellen wird. Am 23. März will Scholz den Senat in der Bürgerschaft zur Wahl stellen.
Kritik am senatslosen Zustand kam von Alterspräsident Jan Ehlers (SPD), der die konstituierende Sitzung der Bürgerschaft eröffnet hatte. "Ich bitte Sie, immer daran zu denken, dass ein Ein-Mann-Senat keine demokratische Einrichtung ist", schrieb Ehlers Scholz ins Stammbuch. Zur neuen Präsidentin wählte die Bürgerschaft Dorothee Stapelfeldt (SPD).