Mit 62 Ja-Stimmen wurde Olaf Scholz gewählt. Die Staatsräte will er nicht sofort benennen: „Weil ich mich nicht vier Jahre ärgern will“
Hamburg. Olaf Scholz hat sein Ziel erreicht: Er hat die SPD in Hamburg zurück in die Regierung geführt. Der 52-Jährige regiert als Bürgermeister mit der absoluten Mehrheit der SPD-Abgeordneten. CDU und GAL sitzen nach dem Bruch ihrer Koalition jetzt gemeinsam in der Opposition.
Der 52-Jährige erhielt am Montag 62 von 118 abgegebenen Stimmen und ist damit Nachfolger von Christoph Ahlhaus (CDU), der sich nur ein halbes Jahr im Amt hielt. 54 Abgeordnete stimmten gegen ihn, 2 enthielten sich. Der Gewählte versprach anschließend „ordentliches Regierungshandwerk“. Es komme eine große Aufgabe auf ihn zu.
Scholz, der auch Hamburger SPD-Vorsitzender ist, nahm zahlreiche Glückwünsche aus seiner Fraktion und der Opposition entgegen und sprach dann die Beteuerungsformel zum Amtseid: „Ich schwöre es“ - ohne religiösen Zusatz. Anschließend nahm Scholz unter dem Applaus seiner Fraktion allein auf der Senatsbank Platz.
Bei der Abstimmung fehlte ein Abgeordneter der SPD. Das sorgte für Verärgerung bei SPD-Fraktionschef Michael Neumann: „Ich kann mir keinen Grund denken, warum ein Urlaub wichtiger ist als die Wahl eines Ersten Bürgermeisters von Hamburg“, sagte er kurz vor der Abstimmung. Er erwarte von einem Abgeordneten ein anderes Verhalten. Das werde mit „dem Kameraden“ in den kommenden Wochen noch nachbesprochen. Scholz reagierte gelassen auf den Vorgang. „Ich könnte mich ärgern. Da es gut gegangen ist, überlasse ich es anderen.“ Der Abgeordnete war nicht rechtzeitig aus dem Urlaub in Afrika in die Hansestadt zurückgekehrt. Somit verfügte die Fraktion nur über exakt die nötigen 61 Stimmen für die Bürgermeistermehrheit im 121-köpfigen Parlament. Scholz erhielt damit mindestens eine Stimme aus den Reihen der Opposition. Der neue Bürgermeister hat bereits umfangreiche Regierungserfahrung. In Hamburg arbeitete er einige Monate als Innensenator, in Berlin war er Arbeitsminister in der großen Koalition.
Bei der vorgezogenen Bürgerschaftswahl am 20. Februar hatte die SPD 62 der 121 Mandate und damit die absolute Mehrheit erreicht. Die CDU stürzte nach dem Ende der ersten schwarz-grünen Landesregierung in der Wählergunst ab und stellt nur noch 28 Abgeordnete. Gemeinsam mit den Grünen (14 Abgeordnete), der FDP (9) und den Linken (8) bilden sie die Opposition.
Bis zum SPD-Parteitag am 20. März und zur Bürgerschaftssitzung drei Tage später muss Scholz noch einige Lücken in seinem Personaltableau füllen. Vor der Wahl hatte sich Scholz nur auf den damaligen Präses der Hamburger Handelskammer, Frank Horch (parteilos), als Wirtschaftssenator festgelegt. Als Kultursenatorin soll die parteilose Berliner Senatskanzlei-Chefin Barbara Kisseler nach Hamburg kommen. Für ihn stehe noch nicht fest, wer in seinen Senat komme, erklärte der neue Bürgermeister. Das sei eine schwierige Aufgabe, „weil ich mich nicht vier Jahre ärgern will“.
Als Kandidat für das Finanzressort gilt der SPD-Abgeordnete Peter Tschentscher. Innensenator könnte der bisherige SPD-Fraktionschef Neumann werden. Inzwischen wird der neue Bürgermeister mit den alten Staatsräten regieren, eine in der Geschichte der Stadt ungewöhnliche Variante. Seine Regierungserklärung will Scholz am 23. März abgeben. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) gratulierte seinem neuen Amtskollegen: „Seit vielen Jahren arbeiten unsere nachbarschaftlich eng verbundenen Länder freundschaftlich zusammen“, schrieb Carstensen. „Ich bin überzeugt, dass diese Arbeit mit Ihnen weiterhin in gegenseitigem Vertrauen fortgesetzt wird.“ Für die SPD in Schleswig-Holstein gratulierten Spitzenkandidat Torsten Albig und Landeschef Ralf Stegner. Der Wahlsieg der SPD in Hamburg habe gezeigt, dass die Bürger wieder Vertrauen in die SPD hätten. Auch die Unternehmensverbände Nord (UV Nord) und der Industrieverband Hamburg gratulierten. „Das Wahlergebnis zeigt den Rückhalt von Olaf Scholz in der Bürgerschaft“, sagte UV Nord-Präsident Uli Wachholtz. Hans-Theodor Kutsch, der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg, erklärte: „Wir begrüßen seine Entscheidung, bei der Auswahl der Senatoren und dem abschließenden Zuschnitt der Ressorts Gründlichkeit vor Schnelligkeit zu setzen.“ Der DGB Hamburg forderte Scholz auf, die Arbeitsmarktpolitik künftig in den Vordergrund zu stellen. „Leider hat das Thema Arbeitsmarktpolitik im Wahlkampf eine untergeordnete Rolle gespielt“, erklärte Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund.
Scholz steht vor der schwierigen Aufgabe, den Haushalt der Stadt ins Gleichgewicht bringen zu müssen und trotzdem kostspielige Wahlversprechen einzulösen. Unter anderem sollen die Studiengebühren wegfallen. Auch Sparauflagen für die Kultur und die Erhöhung von Kitagebühren sollen aufgehoben werden. Das umstrittene Stadtbahnprojekt der schwarz-grünen Koalition will er stoppen.
Vor der Bürgermeisterwahl hatten die Abgeordneten die 55 Jahre alte SPD-Abgeordnete Dorothee Stapelfeldt mit 108 von 119 Stimmen zur Bürgerschaftspräsidentin bestimmt. Sie hatte das Amt bereits von 2000 bis 2004 inne. (dpa)
Die Highlights der Sitzung:
17.35 Uhr: Olaf Scholz (SPD) ist gewählt und damit Hamburgs neuer Bürgermeister. Er erhielt 62 Ja-Stimmen, bei 54 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen. Damit stimmte ein Abgeordneter aus der Opposition für Scholz, da der SPD-Politiker Frank Wiesner heute nicht anwesend ist.
17.21 Uhr: Jetzt beginnt die Bürgermeisterwahl.
17.15 Uhr: Das neue Präsidium der Bürgerschaft steht fest: Dorothee Stapelfeldt ist Präsidentin, die Stellvertreter sind Frank Schira (CDU), Eva Gümbel (GAL) und Wieland Schinnenburg (FDP).
16.09 Uhr: Dorothee Stapelfeldt (54, SPD) wird mit 108 Ja-Stimmen zur neuen Bürgerschaftpräsidentin gewählt. "Herr Präsident, ich nehme die Wahl an", sagt sie. Die promovierte Kunsthistorikerin hatte das Amt bereits von 2000 bis 2004 inne. Sie tritt die Nachfolge von Lutz Mohaupt (CDU) an, der dem Parlament nicht mehr angehört. Bei ihrer Wahl gibt es acht Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Zwei Bürgerschaftsabgeordnete fehlen heute: Christiane Blömeke (GAL) und Frank Wiesner (SPD). Wiesner hat einen Anschlussflug bei seiner Rückreise aus Afrika verpasst.
15.11 Uhr: Schleswig-Holsteins Landtagspräsident Torsten Geerdts (CDU) wird als Gast der Sitzung begrüßt
15 Uhr: Alterspräsident Jan Ehlers (71, SPD) eröffnet die Sitzung. Zunächst stellt er die Beschlussfähigkeit des Parlamentes fest, anschließend wird über die neue Geschäftsordnung abgestimmt.