Endspurt: Kurz vor der Bürgerschaftswahl rührt die Berliner Politprominenz in Hamburg noch einmal kräftig die Werbetrommel für ihre Parteien.
Hamburg. Jede Stimme zählt. Unter dieser Prämisse startet der Endspurt im Hamburger Wahlkampf: Drei Tage vor der Bürgerschaftswahl an diesem Sonntag versuchen CDU, SPD, Grüne und FDP heute noch einmal, die Wähler mit Unterstützung der Berliner Politprominenz zu überzeugen. So wird Bürgermeister Christoph Ahlhaus von Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) begleitet. SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz setzt auf Bundesparteichef Sigmar Gabriel und den Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier. Der GAL steht Fraktionschef Jürgen Trittin zur Seite, bei der FDP hat sich Außenminister und Parteichef Guido Westerwelle angekündigt. Die Linken haben für diesen Freitag zum Wahlkampffinale geladen: dann unter anderem mit Ex-Parteichef Oskar Lafontaine und dem Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi.
Umfragen zufolge kann die SPD bei der Wahl am Sonntag mit bis zu 46 Prozent rechnen. Die CDU mit Bürgermeister Christoph Ahlhaus droht auf einen historischen Tiefstand von 23 Prozent abzustürzen. Die Grünen dürfen auf 15 Prozent hoffen. Sie sind Wunschpartner der SPD, falls es zum alleinigen Regieren nicht reichen sollte. Eine Zitterpartie steht der FDP bevor, ob sie nach sieben Jahren in der außerparlamentarischen Opposition diesmal die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Landesparlament schafft. Die Linke liegt Umfragen zufolge bei 6 Prozent.
SPD
Die SPD Hamburg ist am Donnerstag mit Unterstützung des SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und SPD-Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier in das Wahlkampffinalegestartet. Gabriel und Steinmeier reisten in die Hansestadt, um für die Politik von SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz zu werben. Begleitet wurden sie von Nordrhein-Westfalens Regierungschefin und Bundesratspräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Die SPD Hamburg kann laut Umfragen bei der Bürgerschaftswahl mit einem fulminanten Sieg rechnen. So gab sich auch SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel betont siegessicher bei der Abschlusskundgebung der Sozialdemokraten. “In rund 72 Stunden kriegt die SPD die Mehrheit und Olaf Scholz wird Bürgermeister. Viel mehr muss man eigentlich nicht mehr sagen.“
GAL
Auch Hamburgs Grüne starten mit Berliner Politprominenz ins Wahlkampffinale. Gemeinsam mit Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin versuchte GAL-Spitzenkandidatin Anja Hajduk nochmals die Wähler von sich zu überzeugen. Ihrer Meinung nach dürfe man die in Umfragen starke SPD bei einem Wahlsieg nicht alleine regieren lassen, da sie immer konservativer werde. Nach dem Aus von Deutschlands erster schwarz-grüner Koalition auf Landesebene Ende November sind alle auf das Ergebnis am Sonntag gespannt. Umfragen zufolge können die Grünen dabei auf bis zu 15 Prozent in der Hansestadt hoffen.
„Ich bin heute Abend in Hamburg, damit es bald nicht mehr so knapp wird im Bundesrat“, sagte Trittin am Donnerstag mit Blick auf die kürzlich gescheiterten Hartz-IV-Gesetze. Der Entwurf der Bundesregierung sah unter anderem eine Regelsatzerhöhung von fünf Euro vor – nach Ansicht der Grünen deutlich zu wenig. „Wir kämpfen dafür, dass die Menschen, die in Arbeitslosengeld-II-Bezug sind, endlich einen verfassungsfesten Regelsatz bekommen.“ Während die Bundesregierung die Hotelbranche mit Millionen subventioniere, herrsche in Deutschland „organisiertes Lohndumping“. Dass Zeitarbeitnehmer und Festangestellte für die gleiche Arbeit unterschiedlichen Lohn bekämen, nannte Trittin ungerecht. „Das ist soziale Kälte – und ihr Name ist Angela Merkel.“
Bei dem GAL-Wahlkampffinale im Museum für Arbeit nutzte Trittin seinen Auftritt besonders für eine Breitseite gegen Schwarz-Gelb in Berlin. Bei den friedlichen Revolutionen in Tunesien und Ägypten lege die Bundesregierung eine Doppelmoral an den Tag, indem sie Menschenrechte predige und gleichzeitig die autoritären Regimes mit Milliardensummen unterstützt habe. Deutschland müsse sich jetzt seiner Verantwortung stellen und etwa Flüchtlinge aus Tunesien aufnehmen.
CDU
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist erneut zu einem Wahlkampfauftritt in die Hansestadt gereist. Im Kongresszentrum CCH will die CDU-Bundesvorsitzende für die Politik von Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) werben. „Neun Jahre lang ist es Hamburg Stück für Stück besser gegangen“, sagte Merkel am Donnerstagabend mit Blick auf die Regierungszeit der CDU in der Hansestadt. Die Erfolge könnten aber schnell kaputtgemacht werden. Die CDU-Bundesvorsitzende appellierte an die Wahlkämpfer, die letzten Tage und Stunden bis zur Schließung der Wahllokale am Sonntagabend zu nutzen. Ihre Geburtsstadt Hamburg müsse auch künftig ordentlich regiert werden. Merkel lobte Erfolge der CDU-Regierung in Hamburg – etwa weniger Arbeitslose oder die seit 2001 deutlich gesunkene Kriminalitätsrate. „Falsche Politik wird zu mehr Kriminalität führen“, warnte die Kanzlerin.
Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) nannte die Bürgerschaftswahl an diesem Sonntag eine „Schicksalswahl“. Es gehe um die Frage, „ob wir neun Jahre beispiellos erfolgreiche Politik fortsetzen können“. Die Hansestadt sei in den vergangenen Jahren die „Boomtown“ Deutschlands geworden. Deutlich mehr Touristen kämen in die Stadt als unter Rot-Grün, es gebe so wenig Arbeitslose wie seit 20 Jahren nicht mehr, und der Hafen boome trotz der gerade erst überstandenen Finanz- und Wirtschaftskrise. Ahlhaus bekräftigte, dass die Elbvertiefung kommen müsse: „Sie darf nicht zum Spielball von irgendwelchen politischen Tauschgeschäften werden.“ Es reiche nicht, Hamburg nur anständig regieren zu wollen – es brauche ein Leitbild und eine Vision.
Umfragen zufolge gilt bei der ersten von sieben Landtagswahlen in diesem Jahr ein Regierungswechsel in Hamburg als sicher. Nach dem Ende von Deutschlands erster schwarz-grüner Koalition auf Landesebene im November ist die CDU in Umfragen massiv abgestürzt.
FDP
Kurz vor der Bürgerschaftswahl will FDP-Chef Guido Westerwelle seiner Partei in Hamburg über die Fünf-Prozent-Hürde helfen. Der Außenminister kam am Donnerstag in die Hansestadt, um FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding bei der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung im Curiohaus zu unterstützen. Die 35-Jährige will die Elbliberalen nach andauernden internen Streitereien und sieben Jahren in der außerparlamentarischen Opposition zurück in die Bürgerschaft führen. Westerwelle empfahl den Wählern die Spitzenkandidatin als „engagiert, sympathisch und kompetent“ zur Wahl. „Solche Frauen gehören auch sehr wohl in die Politik“, sagte der Außenminister und Vizekanzler vor einigen hundert Wählern.
„Bei der Wahl geht es darum, ob Hamburg von der FDP oder von den Grünen mitregiert wird“, so Westerwelle. Es müsse deutlich gemacht werden, dass es „in Deutschland nicht nur linke Mehrheiten gibt“. In mehreren Umfragen liegt die FDP bei genau fünf Prozent, so dass Erfolg und Scheitern gleichermaßen möglich erscheinen.
(Mit Material von dpa)