Die SPD hat sich für die Bürgerschaftswahl im Februar 2011 aufgestellt. Auf einem Landesparteitag erhielt Scholz 335 von 343 gültigen Stimmen.
Hamburg. Die SPD Hamburg zieht selbstbewusst und angesichts hervorragender Umfragewerte schon fast siegesgewiss mit ihrem Parteivorsitzenden Olaf Scholz an der Spitze in den Bürgerschaftswahlkampf. Auf einem außerordentlichen Landesparteitag stimmte der frühere Bundesarbeitsminister am Freitag seine Sozialdemokraten mit scharfen Angriffen auf die CDU auf die vorgezogene Wahl am 20. Februar ein. „An diesem Tag werden neun Jahre CDU-Regierung in Hamburg zu Ende gehen“, prophezeite Scholz in der Handelskammer vor rund 500 begeisterten Delegierten und Gästen.
Die Sozialdemokraten wählten Scholz mit 335 von 343 gültigen Stimmen zum Spitzenkandidaten. 7 Delegierte stimmten gegen ihn, einer enthielt sich. Das Ergebnis entspricht einer Zustimmung von fast 98 Prozent. Der 52-Jährige hatte keinen Gegenkandidaten. Der frühere Bundesarbeitsminister war bereits im Juni als Parteichef mit rund 97 Prozent im Amt bestätigt worden.
Meinungsforschungsinstitute bescheinigen der SPD nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition beste Chancen auf eine Regierungsübernahme in der Hansestadt. Laut Umfragen können die Sozialdemokraten derzeit mit bis zu 45 Prozent rechnen. Scholz möchte, sollte er nach der Wahl einen Koalitionspartner brauchen, mit den Grünen (GAL) regieren.
Die Hamburger wollten endlich wieder ordentlich regiert werden, sagte Scholz in seiner knapp einstündigen Rede. „Wir werden sie nicht enttäuschen.“ Die Menschen hätten genug von „nicht zu Ende gedachten Plänen“. Deshalb werde die SPD auch nur Machbares versprechen, betonte Scholz und griff CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus wegen dessen Entscheidungen nach dem Ende von Schwarz-Grün scharf an: „Plötzlich ist falsch, was eben noch richtig war. Plötzlich ist richtig, was eben noch falsch war.“ Schäbig nannte der SPD-Chef die Art und Weise, wie die CDU mit dem früheren Bürgermeister Ole von Beust (CDU) umgehe – „als hätte sie ihn nie gekannt“.
Hart ins Gericht ging Scholz auch mit der Haushaltspolitik der CDU-geführten Senate, die ständig mehr Geld ausgegeben als eingenommen hätten. Dies versprach Scholz zu ändern. „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not – das muss auch in Hamburg wieder gelten.“ Wer sich daran halte, müsse auch nicht alle paar Jahre ein Sparpaket auflegen. Mit Blick auch auf die von 2020 an geltende Schuldenbremse kündigte er an, sich bei der Gesetzgebung im Stadtstaat künftig am früheren US-Präsidenten Bill Clinton zu orientieren. Denn der habe nur dann Mehrausgaben zugelassen, wenn schon im Gesetz die Finanzierung geklärt gewesen sei.
Als drängendste Themen nannte Scholz unter anderem die Wirtschaft, den Hafen, den Wohnungsbau, die innere Sicherheit und den Klimaschutz. „Wir werden gegenwärtig vom wirtschaftsfeindlichsten Senat seit 1946 regiert“, sagte Scholz und versprach einen Kurswechsel, der auch Arbeitnehmerrechte achte. „Wer die Arbeit schätzt, muss auch diejenigen schätzen, die arbeiten.“ Ganz oben auf seiner Liste stünden auch die Chancen für junge Menschen. Dazu zählte er unter anderem die Abschaffung der Kita-Gebührenerhöhungen und der Studiengebühren. Ebenso wolle er den praktisch zum Erliegen gekommenen Wohnungsbau in der Stadt wieder ankurbeln. „Ein Drittel davon müssen Sozialwohnungen sein.“
Deutliche Unterstützung erhielt Scholz nach seiner Rede von den Gewerkschaften. „Lasst uns die Resterampe abräumen“, forderte Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund die Sozialdemokraten auf. Hamburg brauche endliche wieder einen Bürgermeister, der sich auch um Arbeitnehmer sowie um Arbeitslose kümmere und gegen die soziale Spaltung in der Stadt vorgehe, betonte Hamburgs Verdi-Vorsitzender Wolfgang Rose.
Am Ende punktete Scholz auch noch mit einer persönlichen Note. Auf die Frage, warum die Hansestadt für ihn so bedeutsam ist, antwortete er. „Das wichtigste, ich habe mich hier unsterblich in meine Frau verliebt.“
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Die SPD Hamburg liegt ihm zu Füßen. Vorbei die Querelen um den Stimmzetteldiebstahl bei der Mitgliederbefragung für die Spitzenkandidatur zur Bürgerschaftswahl 2008, vergessen die herbe Niederlage bei der vergangenen Bundestagswahl. Seit Olaf Scholz das Ruder wieder in der Hand hat, scheint es für die Sozialdemokraten steil nach oben zu gehen. So kann die seit fast zehn Jahren in der Opposition darbende Partei Umfragen zufolge derzeit auf bis zu 45 Prozent hoffen. Zwei Drittel der Hamburger würden sich zudem bei einer Direktwahl des Bürgermeisters für Scholz entscheiden – nur 19 Prozent gäben Amtsinhaber Christoph Ahlhaus (CDU) ihre Stimme.
Entsprechend selbstbewusst tritt der 52 Jahre alte Spitzenkandidat der SPD-Hamburg auf. Er wünsche sich ein starkes Votum für die SPD, sagt er über die Bürgerschaftswahl am 20. Februar – und fügt an: „Und unsere Option ist, wenn wir einen Koalitionspartner brauchen, dass das die GAL sein soll.“ Dass das nichts anderes bedeutet, als dass er sich auch eine absolute Mehrheit vorstellen kann, lässt er unkommentiert. Der frühere Bundesarbeitsminister agiert getreu seinem in einem Interview der „taz“ ausgegebenen Motto: „Wer bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt.“
Scholz war schon einmal SPD-Chef in Hamburg. In dieser Zeit – 2000 bis 2004 – war das kein vergnügliches Amt. Obwohl eigentlich seit 1998 Bundestagsabgeordneter musste der studierte Arbeitsrechtler kurz vor der Bürgerschaftswahl 2001 seinen Berliner Job fahren lassen und in der Not das Amt des Innensenators in Hamburg übernehmen. Die SPD hatte die innere Sicherheit vernachlässigt. Deshalb drohte ihr eine schwere Schlappe gegen den populistischen Amtsrichter Ronald Schill.
Der ursprünglich dem linken Parteiflügel zugehörige Scholz konnte den Machtverlust seiner seit mehr als 40 Jahren in Hamburg regierenden SPD als „Law and Order Mann“ nicht verhindern. Seinem Ehrgeiz und seinen Ambitionen tat das jedoch keinen Abbruch. Scholz - seit 1975 in der SPD – war zwischen 1982 und 1988 stellvertretender Juso-Vorsitzender. 1994 stieg der gebürtige Osnabrücker in den Hamburger Parteivorstand auf. Auch wenn ihm etliche Genossen damals ein „napoleonisches Gehabe“ vorwarfen, machte er weiter Karriere. Nach nur gut zwei Jahren als SPD-Landeschef holte ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 2002 als Generalsekretär an seine Seite nach Berlin. In dieser Funktion fing sich Scholz auch seinen Spitznamen „Scholzomat“ ein, da er sich nach Ansicht seiner Kritiker darauf beschränkte, sich öffentlich zwar geschliffen, aber wenig inhaltsreich zu äußern.
Scholz zeigte immer wieder Seelenverwandtschaft zum Kanzler und verwies wie dieser gern auf seine Herkunft aus kleinen Verhältnissen (Scholz' Großeltern waren Eisenbahner, seine Eltern Kaufleute in der Textilbranche). Auch wegen dieser Nähe trat er 2004 als Generalsekretär zurück, als Schröder den Parteivorsitz abgab. Zu Ministerwürden kam Scholz im November 2007 durch dem überraschenden Rücktritt von Franz Müntefering.
Seine wohl schwierigste Aufgabe bestand in diesem Amt zuletzt darin, in der Wirtschafts- und Finanzkrise durch neue Kurzarbeit-Regelungen einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Scholz, der seit der Kindheit in Hamburg lebt, konzentriert sich derzeit zwar ausschließlich auf die Hansestadt, hat aber nach wie vor engen Kontakt zur Bundespolitik. Er ist seit 2009 Fraktionsvize im Bundestag und stellvertretender SPD-Chef.