Trampeltier Natascha soll bald Mama werden, wünschen sich die Tierpfleger. Bei Hagenbeck gibt es insgesamt sechs der Kameltiere.
Stellingen. Manchmal, sagt Ina Gooßen und lacht, könne sie sie wirklich erwürgen. Wobei allein die Vorstellung, wie die 25 Jahre alte Reviertierpflegerin der durchaus imposanten Kamelstute Natascha am Hals hängt, allgemeine Heiterkeit auslöst. Verstehen können Gooßens Kollegen die Anwandlung jedoch alle, denn die Trampeltiere machen ihrem Namen in Hagenbecks Tierpark alle Ehre: Stur verfolgen sie ihre Ziele, und was ihnen dabei im Weg steht, wird kurzerhand umgerannt.
Natascha sei dabei besonders schlimm, sagt die Tierpflegerin: "Eigentlich ist sie ein sehr ruhiges Tier, aber weil sie gewöhnt ist, am Halfter von uns geführt zu werden, sucht sie unsere Nähe besonders." Nichtbeachtung führe dabei umgehend zu schlechter Laune bei der Paarhufer-Dame: "Dann wird getreten und geschubst", sagt Ina Gooßen.
Insgesamt sechs Trampeltiere sind in Hamburg zu sehen. Wobei hier einmal ganz klar gesagt werden muss, dass Trampeltier keine Beleidigung, sondern der tatsächliche Artname für die Tiere aus der Säugetierfamilie der Kamele ist. Trampeltiere oder Zweihöckrige Kamele gehören mit den Dromedaren (oder auch Einhöckrigen Kamelen) zu der Gruppe der Altweltkamele, wogegen die Lamas und Vikunjas in Amerika zu den sogenannten Neuweltkamelen gerechnet werden.
Auch wenn sie trampelig sein könnten - dumm seien sie keinesfalls, sagt Gooßen über ihre bis 2,30 Meter hohen und drei Meter langen Schützlinge, die ein Gewicht von bis zu 500 Kilogramm erreichen können. "Sie wissen sehr genau, was sie tun." Wenn die Tierpfleger das Gehege betreten, setze sofort der "Beachte mich! Beschäftige mich!"-Modus ein. "Dann wird alles untersucht und angeknabbert. Besen finden sie besonders lecker", sagt Gooßen und muss schon wieder lachen. Denn richtig böse kann sie den Trampeltieren nicht sein, allein schon wegen ihrer großen Augen mit den langen Wimpern. Gooßen: "Die sind echt der Knaller."
Hübsches Aussehen ist hierbei allerdings nur ein positiver Randeffekt: Eigentlich dienen die langen Wimpern dem Schutz der Augen vor Wind und Sand, und auch die Nüstern der Tiere lassen sich zum Schutz vor der Witterung verschließen. Insgesamt sind Trampeltiere auf ein Leben in extremen Lebensräumen bestens eingestellt: Ihr sandgraues bis dunkelbraunes Fell wird im Winter sehr dicht und lang, kann jedoch beim Anstieg der Temperaturen so schnell abgestoßen werden, dass die Tiere oft einen zerlumpten Eindruck machen. Gooßen: "Beim Fellwechsel helfen wir Natascha und den anderen dann oft mit einer Bürste, so viel Wolle muss herunter."
Trampeltier Natascha soll bald Mama werden, wünschen sich die Tierpfleger
Die anderen, das sind neben dem neuen Zuchthengst Azeem, 4, die Hengste Sultan, 7, und Khalet, 4, die Stute Samira, 5, und der kleine Khalif, 1, der im Frühjahr geborene Sohn von Samira. Auch bei Natascha, 9, hoffen die Tierpfleger auf baldigen Nachwuchs: "Bisher haben wir sie auch deshalb für Vorführungen ein wenig von der Herde getrennt, weil ihr Vater der Zuchthengst war. Mit Azeem hoffen wir jetzt auf eine fruchtbare Verbindung - noch haben die beiden allerdings nicht besonders viel Interesse aneinander", sagt Gooßen.
Wenig Interesse zeigen die Trampeltiere auch an ihren Mitbewohnern, den kleineren Kropfgazellen - "die werden höchsten von ihnen vom Futter weggeschubbst", sagt Gooßen. Gefüttert werden den Pflanzenfressern Heu, Äste und ab und zu ein wenig Hafer, was alles zuerst in einem Vormagen landet, der mit speziellen Drüsen versehen und damit auch sehr holzige oder salzige Kost verdauen kann. Eine weitere "Versorgungsbesonderheit" der Trampeltiere ist ihre Wasseraufnahme: Sie können mehrere Tage ohne Wasser auskommen und im Bedarfsfall mehr als 100 Liter in wenigen Minuten aufnehmen. Dabei sind die Höcker keine Wasser-, sondern Fettspeicher.
Apropos Wasser: Je trockener die Tiere sind, desto lieber hat Ina Gooßen sie. Die Pflegerin: "Natascha liebt es leider, einem ihre nasse Sabberschnauze ins Gesicht zu drücken." Dann ist der Gedanke ans Erwürgen mal wieder nicht weit.
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