Den neuen Elektro-Smart durch die Stadt zu steuern bedeutet, irritierend lautlos dahinzurauschen. Der Sound klingt ein wenig nach Warp-Antrieb.
Hamburg. Für Motorsportpuristen ist dieses Auto natürlich ein Witz. Hier stellt sich garantiert kein Nackenhaar auf, weil das durchdringende Fauchen eines potenten Motors Gänsehaut beim Fahrer erzeugt. Hier röhrt auch garantiert kein Auspuff, wenn man mal aufs Gaspedal tritt. Und hier vibriert mit Sicherheit keine Scheibe, wenn der Drehzahlmesser in den roten Bereich gerät. Denn mal davon abgesehen, dass ein strombetriebenes Auto weder Auspuff noch Drehzahlmesser besitzt, herrscht nur eines, wenn man das Antriebsaggregat eines Elektro-Smarts startet: Stille.
"Ist der schon an?", lautet deshalb meine erste, von Hilflosigkeit geprägte Frage. Nach dem Einsteigen in einen der neuen Hamburger Elektro-Kleinwagen, die zuvor mit viel Tamtam am Rathaus vorgestellt wurden, besteht mein primäres Ziel zunächst darin, Souveränität vorzutäuschen. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Das hier ist nicht meine erste Autofahrt. Aber als moderner Mensch ist absolute Ruhe erst mal irritierend, erst recht, wenn man in einem Auto sitzt, dessen Motor angeblich schon läuft. Nun ja, immerhin gewinne ich über den vertrauten Anblick der Armaturen zu gewohnter Sicherheit zurück: Lenkrad, Hupe - alles da. Dann kann's ja losgehen.
Vollgeladen soll der schicke olivgrün-weiße Smart 150 bis 200 Kilometer schaffen. Meine Batterieanzeige steht bei 60 Prozent. "Damit kommen Sie locker 50 Kilometer weit", werde ich beruhigt. "Solange Sie nicht dauernd den Fensterheber betätigen", lautet die Einschränkung. Doch die Gefahr besteht heute nicht. Draußen schneit's. Also: Gaspedal antippen - Auto fährt. Bremse treten - Auto stoppt. Kinderleicht. Und sobald man etwas Geschwindigkeit aufnimmt, ist es auch mit der Ruhe vorbei. Dann klingt der E-Smart beim Beschleunigen in etwa wie eine anfahrende U-Bahn - nur leiser. Für alle Star-Trek-Fans: Der Sound mutet ein bisschen wie Warp-Antrieb an.
Über Ludwig-Erhard-Straße und Reeperbahn geht es stadtauswärts. "Zieht super", ist mein schlichter Gedanke, während Michel und Davidwache am Seitenfenster vorbeirauschen. "Zumindest halte ich mit dem innovativen Antrieb aus der Steckdose nicht den Verkehr auf", vertiefe ich meinen ersten Impuls. Mit anderen Worten: Die Beschleunigungswerte dürften für die Alltagsduelle mit Taxifahrern genügen. Nur an roten Ampeln muss man sich fast zwanghaft vergegenwärtigen, dass die Kiste noch läuft. Denn sobald man den Fuß vom Gaspedal nimmt, verstummt der Warp-Antrieb. Notiz am Rande: Peinliches Abwürgen des Motors ist beim eingebauten Automatikgetriebe glücklicherweise ausgeschlossen.
Jetzt aber auf die Autobahn. Mal sehen, was der Elektro-Smart, dessen Revier zweifelsfrei die engen Großstadtschluchten mit den noch engeren Parkbuchten sind, auf der A 7 bringt. Und es geht gleich aufmunternd los. Noch an der Auffahrt verliere ich die Steigerungsfahrt gegen einen Viehlaster, der 40-Tonner zieht spielend an mir vorbei. So agil der Smart in der Stadt ist, so träge bewegt er sich ab Tempo 80. Eine gefühlte Ewigkeit vergeht, bis sich die Tachonadel in den dreistelligen Bereich gezittert hat. Im Gegenzug wird die Nadel der Batterieanzeige beunruhigend aktiv. Hier ist der Smart ein ganz ordinäres Auto: viel Gas, viel Verbrauch.
Mit 40 Prozent Batterieladung (zur Sicherheit stelle ich Lüftung und Radio aus) und gänzlich frei von erstaunten Blicken geht es zurück in die Innenstadt. Denn bis auf die Heckprägung "electric drive", die den Fahrer als Öko-Pionier enttarnt, unterscheidet den E-Smart nichts von einem herkömmlichen Smart. Mit nunmehr 35 Prozent Saft auf der Batterie steuere ich am Rathaus sicherheitshalber die erste von bald 50 Aufladestationen der Stadt an. Registrierungskarte davorhalten, Kabel ankoppeln, auftanken. Schön einfach. Schön ökologisch. Und Motorsportpuristen können sich gehackt legen.