Mit neuer Batterie mehr als 600 Kilometer ohne “Tankstopp“ unterwegs. Experte sagt Boom bei E-Mobilen voraus
Hamburg. Nur die Rollgeräusche der Reifen sind zu hören, als sich der umgebaute Audi A2 Berlin nähert. Dann ein lautes Hupen in der Hauptstadt, als der Wagen nach mehr als 600 Kilometer Fahrt auf den Hof des Bundeswirtschaftsministeriums rollt. Erstmals hat ein alltagstaugliches Elektroauto die Strecke München-Berlin ohne Stopp an einer Batterieladestelle geschafft. Und es hätte sogar noch weitere Kilometer lautlos über die Straßen rollen können. Denn das gelb-lilafarbene Fahrzeug, das im Schnitt 90 Kilometer pro Stunde zurücklegte, hatte gestern nach seiner langen Tour noch 18 Prozent Leistung in der Batterie.
Das Projekt wurde von dem jungen Berliner Technologieunternehmen DBM Energy und dem Energieanbieter lekker Energie durchgeführt. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) feierte die Fahrt als Weltrekord und Durchbruch. "Jetzt kommt es darauf an, dass aus dieser Meisterleistung made in Berlin ein Welterfolg wird", sagte er. Deutschland habe damit einmal mehr bewiesen, dass es weltweiter Technologieführer sei. "Die Forschung ist abgeschlossen, jetzt geht das Verkaufen los", sagte der Geschäftsführer von lekker Energie, Thomas Mecke. Es gehe nun darum, auch große Autokonzerne von der besonderen Technologie zu überzeugen. Die Batterie auf Lithium-Metall-Polymer-Basis kann nach Unternehmensangaben bis zu 500 000 Kilometer schaffen, bevor sie ausgetauscht werden muss. Doch weil sich noch kein Autohersteller für die Technologie interessiert, ist der Wagen auch noch nicht auf dem Markt.
In den nächsten Monaten kommen viele neue Elektromobile
"Das war ein schöner Erfolg", sagte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen, dem Abendblatt. "Aber jetzt geht es darum, ob die Batterie tatsächlich alltagstauglich ist und zehn Jahre lang ge- und entladen werden kann, ohne zuvor auszufallen." Laut Dudenhöffer gehört der Elektromobilität die Zukunft. "Schon im Jahr 2015 würden von den dann rund 16,5 Millionen neu zugelassenen Wagen 3,3 Millionen einen Elektroantrieb haben. Auch in Deutschland werden laut Dudenhöffer schon bald Serienfahrzeuge nur mit Batterieantrieb auf den Straßen rollen. "Zum Jahresende kommt Peugeot mit einem Modell, danach Mitsubishi, und 2011 gibt es Modelle von Nissan und Smart mit E-Antrieb." Der Autoexperte plädiert allerdings dafür, neben der Elektromobilität auch die Hybridtechnik weiter auszubauen. Autos, die bei bis zu 50 km/h nur per Strom angetrieben werden und bei höherer Geschwindigkeit mit Benzin seien heute bereits alltagstauglich. Denn noch sind die Batterien mehrere Tausend Euro teuer.
Vor allem Toyota sei der Vorreiter in der Hybridtechnologie. Das Unternehmen testet derzeit laut einem Firmensprecher eine weitere Variante: Beim noch nicht auf dem Markt befindlichen Prius Plug-In soll der Wagen mit Hybridantrieb ausgestattet sein und zudem über Batteriebetrieb gespeist werden. Dabei reicht für kurze Strecken der Elektroantrieb, bei längeren Fahrten springt der Benzinmotor an. 600 Prius Plug-In sind derzeit weltweit im Test, 20 davon in Deutschland.
Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, sollen in Deutschland bis zum Jahr 2020 insgesamt eine Million Elektroautos auf den Straßen rollen, bis 2030 sogar sechs Millionen. Der Grund: Deutschland will bis 2050 in vielen Bereichen den Ausstoß des Klimakillers CO2 um mindestens 80 Prozent verringern. Im Moment sind in Deutschland noch rund 42 Millionen Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren unterwegs.
Bund fördert die Entwicklung von Elektroautos mit 500 Millionen Euro
Als Anschub für die Elektroautoentwicklung stellt die Regierung im nächsten Jahr rund 500 Millionen Euro zur Verfügung. Die Industrie hätte gerne eine Kaufprämie wie in Frankreich von rund 5000 Euro pro Auto, die Bundesregierung lehnt das aus Wettbewerbsgründen aber ab. Die Politik will auch mit besonderen Angeboten wie kostenlosen Parkplätzen dem E-Auto Starthilfe geben. Bisher gibt es acht Modellregionen, in denen 2800 Fahrzeuge und rund 2500 Ladepunkte unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums auf ihre Alltagstauglichkeit getestet werden. Dafür stehen 130 Millionen Euro zur Verfügung. "Wir haben einen wahren Ansturm auf unsere Projektmittel erlebt", sagt Ressortchef Peter Ramsauer (CSU). Auch Hamburg ist eine der Modellregionen. Unter anderem wird in der HafenCity von Vattenfall eine Wasserstofftankstelle für Busse mit Brennstoffzellenantrieb errichtet. Zudem baut das Unternehmen 50 Ladestationen für Elektroautos, weitere 50 übernehmen Hamburg Energie und die Bahn. Noch 2010 liefert Smart 50 Elektromodelle nach Hamburg.
Die Batterie ist nach wie vor das Hauptproblem
Zugleich bietet Daimler in Zusammenarbeit mit der Stadt Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb an. Ein Hauptproblem bleibt die Batterie, die meist nach 300 Kilometern stundenlang aufgeladen werden muss. Ein neues Batterietestzentrum in Ulm des Zentrums für Sonnenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg soll nun das Problem in den Griff bekommen. Auf 6600 Quadratmetern ist Platz für Anlagen zur Herstellung und Batteriesicherheitstests von Lithium-Ionen-Zellen. Die Regierung fördert die Batterie- und Brennstoffzellenforschung mit zwei Milliarden Euro. Das Ziel: Es soll nicht nur bei einem Weltrekord in dieser Zukunftstechnologie bleiben