Knut Terjung war auf Loki Schmidts Reise nach Ägypten dabei
Hamburg. Über ihren Tod hinaus wächst in Klein Flottbek ein Teil des Heiligen Dornbuschs, von Loki Schmidt einst aus dem Sinai mitgebracht. Das kam so: Im Rahmen einer großen ZDF-Reportage "Helmut Schmidt und der Rest der Welt" habe ich die Schmidts im Jahr 1984 auf allen Auslandsreisen begleitet - auch nach Ägypten. Eine Station: das 1400 Jahre alte Katharinenkloster, mitten in der biblisch bizarren Wüstenlandschaft des Sinai, am Fuße des Moses-Bergs. Hier wurde das Ehepaar vom Abt, dem Erzbischof Damian, feierlich geehrt. In der Klosterkirche bewunderte der ehemalige Bundeskanzler die wohl bedeutendste Ikonensammlung der Welt, lauschte tief beeindruckt den Erläuterungen des orthodoxen Würdenträgers. Die pflanzenkundige Ehefrau aber konnte es kaum erwarten, endlich den berühmten Dornbusch zu Gesicht zu bekommen, aus dessen Flammen Gott zu Moses gesprochen haben soll. "Herr Abt, kann ich denn auch mal den Dornbusch ansehen?"
Der bärtige Erzbischof mit seinem Respekt einflößenden Auftreten, in getragenem Tonfall: "Nur Geduld, gnädige Frau, Sie werden später den heiligen Dornbusch sehen. Also diese Ikonostase ..."
Nach dem Kunstgenuss in der dunklen Klosterkirche durchschritten die Schmidts dann die lichtdurchflutete Landschaft zielstrebig zu dem kostbaren, einzigartigen Heiligtum: einem Hochgewächs hinter Maschendraht. Der Abt: "Hier, gnädige Frau, der heilige Dornbusch". Und Loki - wie immer praktisch und erdverbunden - nahm hocherfreut eine botanische Be"s-t"immung vor: " Lateinisch 'rubus' - Brombeere, Himbeere oder so". Sie bat den hohen Geistlichen, ein "S-t"ückchen für daheim in Langenhorn abschneiden zu dürfen, und der mochte der deutschen Dame keinen Korb geben. Ein scharfes Messer musste her, mit dem unser Kameramann dienen konnte. Ein junger Mönch wagte es dann auch, der Pflanze zu Leibe zu rücken, während Helmut Schmidt ziemlich verlegen wirkte. Etwa 30 Zentimeter war es lang, das Zweiglein, auf dessen Erlangen Loki Schmidt ganz besonders "s-t"olz war, und das - heil nach Hamburg gebracht - als "S-t"eckling dienen sollte. Im Gewächshaus hinter dem Reihenhaus in Langenhorn, in dem die berühmte Botanikerin sonst Orchideen besprühte und bestäubte, mochte das Mitbringsel aus dem Sinai aber nicht so recht angehen. Daher hat es Loki Schmidt in die Obhut des Botanischen Gartens nach Klein Flottbek gegeben. In dessen Pflanzen-Datenbank firmiert es seither fachkundig unter "Rubus Sanguineus - Heilige Brombeere".
Der wissenschaftliche Leiter des Botanischen Gartens, Dr. Schirarend, beschreibt Loki Schmidts Pflanze jetzt als gut 60 Zentimeter hoch, gesund und gut in Form. Jetzt komme sie zum Überwintern ins Gewächshaus.