Aurubis, Trimet und Co. produzieren nach der Krise wieder auf Hochtouren. Die Kurzarbeit ist beendet und die Konzerne steigern ihre Umsätze.
Hamburg. Hans-Theodor Kutsch blickt aus seinem Büro in der Straße Mühlenhagen 35 auf Werkshallen, ein Forschungszentrum - und zahlreiche Lastwagen. Sie liefern Granulate an oder transportieren Waren weg zu den weltweit vorhandenen Kunden der Hamburger Firma Albis Plastic. "Das Geschäft läuft wieder richtig rund", sagt Kutsch, Vorsitzender des Industrieverbandes Hamburg (IVH) und Chef der Albis-Mutter Otto Krahn.
Im ersten Halbjahr konnten die 221 größten Industriebetriebe im Norden ihren Umsatz um 35 Prozent auf 33 Milliarden Euro steigern. "Auch das dritte Quartal war gut", sagte Kutsch dem Abendblatt. Allein Albis Plastic, ein Hersteller von Spezialkunststoffen, die etwa Plastikhüllen von Handys wie Metall schimmern lassen, konnte seinen Umsatz von Anfang Juli bis Ende September im Inland um 48,7 Prozent auf 313 Millionen Euro steigern. Im Ausland kletterten die Erlöse sogar um 50,2 Prozent auf 219 Millionen Euro. "Auch für 2011 sieht es gut aus. Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder zweistellige Wachstumsraten erreichen können."
Kupferhütte Aurubis erwägt bereits, zusätzliche Schichten einzuführen
Auch bei Europas Kupferhütte Aurubis brummt das Geschäft. "Wir befinden uns schon wieder auf Vorkrisenlevel. Unsere Auslastung hat bereits die Höhe des Rekordjahres 2007/08 erreicht", so Unternehmenssprecherin Michaela Hessling. Die Zahlen für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr 2009/10 liegen noch nicht vor. Das vierte Quartal sei aber genauso gut gewesen wie die drei vorigen. In den ersten neun Monaten hatte das Unternehmen ein operatives Ergebnis von 122 Millionen Euro erwirtschaftet. "Wir überlegen bereits, zusätzliche Schichten einzuführen, um die Aufträge schneller abzuarbeiten." Das Unternehmen hatte zuvor mit seinem Betriebsrat Sonderschichten für dieses Jahr vereinbart. "Aber dieses Kontingent ist fast schon ausgeschöpft", so Hessling, die in einigen Aurubis-Produktbereichen bereits von wochenlangen Lieferzeiten berichtet.
Auch die von Kutsch geführte Albis Plastic stößt an ihre Grenzen. "Wir fahren schon seit mehr als sechs Wochenenden Sonderschichten", so der IVH-Vorsitzende. "Bei einigen Produkten haben wir bereits Lieferzeiten von bis zu 18 Wochen." Kutsch, der in diesem Jahr bereits um die 20 neue Mitarbeiter eingestellt hat, will seinen Hamburger Standort nun weiter ausbauen.
Trimet verkauft wieder deutlich mehr Flüssigaluminium
"Unsere Produktion läuft auf Hochtouren", sagt auch Jörg Preteneit, Elektrolyseleiter bei Trimet Aluminium in Hamburg. Doch so ganz trauen will er dem Aufschwung noch nicht. "Die Nachfrage ist glänzend, aber gleichzeitig wissen wir, dass derzeit weltweit noch 4,3 Millionen Tonnen Aluminium auf Lager liegen. Normalerweise sind es rund eine Million Tonnen", begründet er seine Skepsis. Doch das Flüssigaluminium, das die 260 Mitarbeiter umfassende Hütte auf Finkenwerder an das benachbarte Werk von Norsk Hydro liefert, findet derzeit regen Absatz. Vor allem die Autoindustrie sei als Nachfrager wieder stark am Markt aufgetaucht.
Laut Preteneit gibt es in ganz Deutschland nur noch vier Aluminiumhütten. Sie könnten gefährdet sein, weil die Betriebe für jede Tonne CO2, die sie bei ihrer Produktion ausstoßen, einen Ablassbetrag bezahlen müssen. "Diese Regelung gibt es nur in er EU. Deshalb haben inzwischen viele Aluminiumkonzerne große Kapazitäten außerhalb Europas aufgebaut, damit sie keine Kosten durch die CO2-Zertifikate haben. Die Bundesregierung hatte der energieintensiven Wirtschaft zwar schon vor einem Jahr Ausgleichszahlungen in Höhe von 40 Millionen Euro versprochen, wovon 17 Millionen für die deutschen Werke des Trimet-Konzerns bestimmt waren. "Doch bislang ist noch kein Cent bei uns angekommen", so Preteneit.
Auch der Hamburger Klebespezialist Tesa legt zu. Zwar kann das Unternehmen noch keine Angaben über das dritte Quartal machen, aber im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 81 Millionen auf 429 Millionen Euro. Auch von Juli bis Ende Oktober bestellten die Kunden weitere Produkte des Unternehmens, wie das Abendblatt aus Branchenkreisen erfuhr.
Gabelstaplerhersteller Still und Jungheinrich beenden Kurzarbeit
Entspannt hat sich die Lage bei den Gabelstaplerherstellern Still und Jungheinrich . Still hat die Kurzarbeit für rund 700 Beschäftigte zum 1. September beendet. Auch Jungheinrich arbeitet wieder voll in Hamburg. Konzernchef Hans-Georg Frey rechnet zwar für 2010 mit mehr Umsätzen und Aufträgen und einem operativen Gewinn in Höhe von 60 bis 80 Millionen Euro vor Steuern. Aber der Erlös liege noch um 400 Millionen Euro unter dem Wert von 2008. Deshalb gebe es noch keinen Grund für Euphorie.
Vorwiegend im Ausland ist der Hamburger Medizingerätehersteller Weinmann gewachsen. "Unser Exportanteil ist von 48 Prozent in 2009 auf jetzt 52 Prozent gestiegen", sagte Weinmann-Sprecher Tobias Drewling. Da Notfallausrüstungen für Krankenwagen und andere Produkte des Konzerns in aller Welt gefragt seien, werde der Umsatz nach 70,5 Millionen Euro in 2009 um rund acht Prozent steigen. Firmen aus der Medizintechnik sind meist weniger konjunkturanfällig als andere Wirtschaftszweige. Doch auf den deutschen Markt trifft dies immer weniger zu. "In Deutschland gibt es in der Gesundheitspolitik keine planerische Sicherheit." Mögliche Kunden seien zögerlich, weil sie wegen der aktuellen gesundheitspolitischen Diskussion oft nicht wüssten, ob die Kassen - und mit welchem Anteil - die Zahlung der Geräte übernehmen würden. "Wenn wir nicht international arbeiten würden, ginge es uns heute nicht so gut."