Thomas Günther ist Revierleiter bei Hagenbeck und ganz vernarrt in Tapir-Baby Bonito. “Ein echter Wonneproppen“, wie Günther sagt.
Hamburg. Beginnen wir heute einmal mit einem kleinen Experiment. Stellen Sie sich einen Orang-Utan vor. Sehen Sie sein orangerotes Fell vor sich, das an einigen Stellen länger und manchmal auch etwas verfilzt ist? Gut. Stellen Sie sich jetzt einen Tapir vor. Wenn Ihnen das nicht auf Anhieb gelingt, weil Ihnen bisher niemand einen vorgestellt hat, dann dürfen Sie auf das Foto unten schielen. So, und jetzt verfrachten Sie - nur gedanklich! - den Tapir in das Orang-Utan-Fell. Und? Das ist doch ... Richtig: Alf, unser alter Bekannter vom Planeten Melmac. "Die Erfinder der Fernsehserie müssen genau so vorgegangen sein", ist sich Thomas Günther sicher. Und dann grient er.
Günther ist Revierleiter bei Hagenbeck und unter anderem für die Flachlandtapire zuständig. "Die zweitbesten Tiere überhaupt, nach den Giraffen", findet er. Und gibt dabei zu, Tiere zu lieben, die aussehen, als kämen sie nicht von dieser Welt. Besonders vernarrt ist er derzeit in Tapir-Baby Bonito. Das dunkelbraune Wesen mit den weißen Streifen und Tupfen, den weißen Ohrumrandungen und dem hellen Gesicht ist bereits das dritte Kind von Papa Xingo (18) und Mutter Carmina (8). "Ein echter Wonneproppen", wie Günther sagt. "Die schaffen es immer wieder, das Niedlichkeitsgen zu vererben." Auch wenn der Nachwuchs bisher immer männlich war. Bonito kam am 30. August vergangenen Jahres in Hamburg zur Welt. Seine helle Jungtier-Maserung begann mit dem dritten Lebensmonat zu verblassen und werde um seinen ersten Geburtstag herum verschwunden sein, sagt Günther. Nicht viel später wird sich Hagenbeck auch von ihm trennen müssen: "Mit eineinhalb Jahren werden Tapire geschlechtsreif, deshalb werden wir ihn kurz zuvor an einen anderen Zoo abgeben", sagt der Tierpfleger.
So lange darf Bonito aber noch an Mamas Fersen hängen und mit ihr schmusen, denn das tut er besonders gerne - wenn er nicht gerade "vor Lebensfreude durchs Gehege hüpft", so Günther. Papa Xingo ist dabei jedoch ausgeschlossen. Günther: "Xingo mag Bonito nicht, er hat ihn immer gebissen. Deshalb haben wir ihn abgetrennt." Ein Tapir-Verhalten, das der Tierpfleger bisher nur aus der Fachliteratur kannte - zu seinen beiden vorherigen Söhnen hatte Xingo nämlich ein ausgesprochen gutes Verhältnis. Tapire, die man ob ihres eigentümlichen Rüssels als Schweineverwandte ansehen könnte, zählen wie Pferde und Nashörner zu den Unpaarhufern - wegen der ungeraden Anzahl an Zehen. Günther: "Der Rüssel der Tapire ist ein Tast- und Riechorgan und sehr empfindlich. Deshalb bohren sie ihn auch nicht, wie die Schweine, in den Boden." Riechen können sie damit jedoch hervorragend, was den "magengesteuerten" Tieren sehr entgegenkommt. Karotten sind dabei Bonitos Liebstes, da lässt er alles andere drum herum liegen. Außer einem, wie der Tierpfleger verrät: "Feigen. Die sind sozusagen die Tapirschokolade."
Bonito und seine Eltern sind Flachlandtapire, die wie die Berg- und die Mittelamerikanischen Tapire in Südamerika beheimatet sind. Die bis zu 200 Kilogramm schweren Tiere sind hervorragende Schwimmer und Taucher, die sich von Blättern, Früchten und Wasserpflanzen ernähren. Ungewöhnlich für die Größe des Tieres sind die schrillen Pfeiftöne, die sie ausstoßen: "Fast wie Meerschweinchen", sagt Günther, der die Töne imitieren kann - und prompt eine Antwort von Carmina erhält. Günther: "Die Indios sagen, dass sie damit Vögel anlocken, die ihnen Parasiten aus dem Fell suchen."
Eines vertragen die hauptsächlich nachtaktiven Regenwaldbewohner jedoch gar nicht: allzu viel Sonne. Thomas Günther erklärt: "Tapire bekommen schnell einen Sonnenbrand, deshalb muss das Gehege immer schattige Plätze haben." Die würde ihnen der Tierpfleger sogar zu Hause anlegen: "Ich hätte am liebsten einen Garten voll davon. Wenn die Tapire nur klein bleiben würden ..."
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