Eilantrag beim Verfassungsgericht gegen die für morgen angesetzte Bürgerschafts-Entscheidung über den 420-Millionen-Euro-Deal.
Hamburg. Jetzt ist der vom SPD-Senat geplante Kauf weiterer Anteile an der Hamburger Großreederei Hapag-Lloyd ein Fall für die Justiz: GAL-Fraktionschef Jens Kerstan will auf diesem Weg verhindern, dass die Bürgerschaft bereits morgen über den 420-Millionen-Euro-Deal entscheidet.
Per Eilantrag beim Hamburgischen Verfassungsgericht will Kerstan eine Verschiebung um einen Monat erreichen. "Der Senat hat in gravierendem Maße seine Sorgfalts- und Informationspflicht verletzt", begründete Kerstan seinen Schritt. "Ich kann als Abgeordneter nicht einschätzen, ob der Preis von 420 Millionen Euro für 13 Prozent Anteile am Unternehmen angemessen ist", so der GAL-Politiker.
Kernpunkt des Eilantrags ist die Forderung nach einem unabhängigen Wertgutachten über die Reederei. "Wir wollen erreichen, dass die Entscheidung der Bürgerschaft ausgesetzt wird, bis ein solches Wertgutachten vorliegt", sagte Rechtsanwalt Gerhard Strate, der Kerstan vor Gericht vertritt. Mindestens müsste, so Strate, eine Risikoanalyse für den Anteilskauf erstellt werden.
+++ Hapag-Lloyd-Entscheidung: SPD hofft auf knappe Mehrheit +++
+++ Kurs auf einen stabilen Markt +++
Senat und SPD-Fraktion wiesen Kerstans Vorwurf zurück. "Der Senat ist seiner Sorgfaltspflicht durchaus nachgekommen", sagte Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Seine Behörde habe den Abgeordneten "freiwillig und ohne Aufforderung alle Unterlagen zur Verfügung gestellt, die man zur Verfügung stellen konnte".
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel sprach von einem "Maximum an Beratung trotz der Kürze der Zeit". Der Erwerb weiterer Anteile sei "eine richtige und notwendige Entscheidung für die Stadt". Unter anderem gehe es um die Stärkung Hamburgs als Unternehmenssitz von Hapag-Lloyd.
Die SPD hält an der morgigen Abstimmung in der Bürgerschaft fest und hofft auf die Zustimmung weiterer Fraktionen, obwohl sie eine eigene Mehrheit hat. Offensichtlich mit Erfolg: Die Linken-Fraktion hat gestern erklärt, dass sie dem 420-Millionen-Euro-Geschäft zustimmen wird. Damit wird es erstmals in der Bürgerschaft eine rot-rote Mehrheit in einer Sachfrage geben. "Nur eine starke Beteiligung der Stadt sichert in dieser Phase das Fortbestehen der Reederei am Standort Hamburg", sagte Linken-Finanzexperte Norbert Hackbusch. Er sehe durchaus die Gefahr einer feindlichen Übernahme. Allerdings kritisierte auch Hackbusch den vom Senat ausgeübten Zeitdruck und die fehlende Transparenz bei dem Geschäft.
Bei der CDU zeichnet sich ein Nein zum Hapag-Lloyd-Deal ab. Die Abgeordneten beschlossen gestern einstimmig eine Reihe von Bedingungen, die der Senat erfüllen müsse. "Sonst werden wir mit Nein stimmen", sagte CDU-Haushaltsexperte Roland Heintze. Die Union verlangt, dass die Bürgerschaft den Kauf nur zur Kenntnis nimmt. Der Senat könne das Geschäft allein abwickeln. Statt eines Bürgerschaftsbeschlusses über einen Kredit von 420 Millionen Euro könne die städtische Beteiligungsgesellschaft HGV auch auf eigene Reserven zurückgreifen. Außerdem fordert die Union für das Hapag-Lloyd-Engagement der Stadt "klare Ausstiegsoptionen bis Ende 2013".
Strate kündigte für den Fall, dass das Gericht seinem Antrag nicht folge, eine Feststellungsklage über die Rechtswidrigkeit des Bürgerschaftsbeschlusses an.