Villen an Bellevue, Bebelallee oder Leinpfad stehen seit Jahren leer. Abendblatt.de hat bei den Eigentümern nach den Gründen gefragt.

Hamburg. Sie stehen an Hamburgs beliebtesten Wohnstraßen - und sie stehen leer. Villen und Mehrfamilienhäuser an der Bellevue, Bebelallee oder dem Leinpfad. Die Frage, wer hier nicht gerne wohnen würde, erscheint überflüssig. Doch was sind die Gründe für den Leerstand ? Abendblatt.de hat fünf Fälle aufgegriffen und nachgefragt:

Leinpfad 21 : Der Putz bröckelt bereits von der Fassade, die Hecke vor dem Haus wuchert und im Eingangsbereich liegt eine Tageszeitung aus dem Jahr 2009. Seit vier Jahren steht die Villa aus der Gründerzeit am Leinpfad 21 in Winterhude leer.

Beim Bezirksamt Hamburg-Nord weiß man zunächst keine Antwort. Ein Leerstand war der Behörde bislang nicht bekannt. „Es werden Recherchen folgen“, heißt es. Wenig später konfrontiert das Abendblatt Eigentümer Bertram Rickmers mit dem Leerstand. Ganz offen räumt der Reeder ein, das Haus in den vergangenen Jahren ein wenig vernachlässigt zu haben. „Viele andere Projekte hatten Priorität“, sagt er. Rickmers bestätigt, dass er mittlerweile ein Mahnschreiben vom Bezirksamt erhalten habe und kündigt an, die Villa am Leinpfad innerhalb der kommenden sechs Monate vollständig zu sanieren und in den Originalzustand zu versetzen. Bis zu drei Familien können sich Hoffnungen auf ein neues Zuhause machen, so Reeder Rickmers.

Während die Villa am Leinpfad 21 dem Wohnungsmarkt wohl bald wieder zur Verfügung steht, stehen in Hamburg nach wie vor viele Wohnungen und Häuser leer. Allein im Bezirk Nord sind derzeit 177 Wohnungen verlassen.

Auch an der Bellevue, der Prachtstraße an der Außenalster, stehen zwei Häuser leer. Für die Villa Bellevue 15 liegt bei der Baubehörde nach vielen Jahren des Leerstands ein Abriss- und Neubauantrag vor. Das Ergebnis ist noch offen. Die Villa Bellevue 24 wird indes immer baufälliger. Für den ARD-Fernsehfilm "Bis nichts mehr bleibt" fanden in dem Haus einst Dreharbeiten statt, seitdem hat sich in den Räumen nichts mehr getan. Über die Nutzung des Hauses läuft derzeit ein schwebendes Verfahren. Das Bezirksamt will sich darüber aber nicht öffentlich äußern.

„Ich habe für den Leerstand kein Verständnis“, sagt Wilfried Lehmpfuhl vom Hamburger Mieterverein. Lempfuhl nennt zwei Gründe für verlassene Wohnungen in begehrten Lagen. „Entweder der Eigentümer plant einen Abriss oder es handelt sich um ein Spekulationsobjekt“, sagt er. Die Eigentümer würden die Objekte über einen längeren Zeitraum stehen lassen, um sie dann teurer zu verkaufen. Das sei häufig lukrativer als eine Vermietung. Lehmpfuhl, der seit 30 Jahren beim Mieterverein arbeitet, wird immer wieder mit Leerstand konfrontiert. „Das ist in Hamburg ein Reizthema“, sagt er. Das Problem gebe es seit Jahren. „Wir rühren da immer rum, aber uns sind auch die Hände gebunden“.

Bertram Rickmers wehrt sich dagegen, ein Immobilienspekulant zu sein und nimmt auch andere Eigentümer in Schutz. „Vielen fehlten in den vergangenen Jahren möglicherweise einfach die finanziellen Mittel, um die Häuser zu sanieren“, sagt er.

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Zutreffen könnte diese Aussage auf die beiden Villen an der Bebelalle 10 und 11 wenige Meter vom Leinpfad entfernt. Die Häuser an der Ecke Winterhuder Kai verwahrlosen seit mehr als fünf Jahren. In den Müllcontainer-Boxen hausten bereits Obdachlose. Beate Minzlaff, Architektin des neuen Eigentümers, vermutet, dass „dem Voreigentümer wegen der Weltwirtschaftskrise kein Baugeld mehr zur Verfügung stand“. Der neue Eigentümer, der nicht namentlich genannt werden möchte, plant nach Abendblatt-Informationen einen Neubau. Doch die Villen aus dem Jahr 1923 stehen unter Denkmalschutz, ein Abriss kommt daher nicht in Frage. Der Bauherr will die beiden Villen nun für Gewerbe und den Eigenbedarf der Familie nutzen. Das bestätigt auch das Bezirksamt Hamburg-Nord. „Es sind Baugenehmigungen für Innenarbeiten erteilt worden. Der Leerstand sollte bald behoben sein“, sagt Sprecherin Katja Glahn.

Viel Zeit bleibt dem neuen Eigentümer nicht mehr. Laut dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz darf Wohnraum nicht länger als sechs Monate leer stehen. Nach Ablauf der Frist ordnet der Bezirk an, dass die Eigentümer die Immobilien nutzen oder instand setzen müssen. Andernfalls droht ein Bußgeld. Es sei denn, die Eigentümer können Umbau- oder Sanierungsarbeiten nachweisen.

„Das sind Lücken im Gesetz, die geschlossen werden müssen“, fordert Thomas Domres. Der SPD-Fraktionsvorsitzende des Bezirks Nord glaubt, dass bei den meisten Leerständen etwas faul ist. „Es gibt kein Gesetz, dass man nicht missbrauchen kann“, sagt er.

Unterstützung erfährt Domres von Andy Grote. Der SPD-Stadtentwicklungspolitiker will mit seiner Fraktion das Wohnraumschutzgesetz verschärfen, die Anzeigepflicht von Leerstand einführen und die bezirklichen Wohnraumschutzdienststellen mithilfe früherer Mitarbeiter des LBK und der City BKK aufstocken. Nach dem Antrag in der Bürgerschaft gab es vor Kurzem eine erste Antwort durch den Senat. „Eine Verstärkung des Wohnraumschutzes ist anzustreben“, heißt es von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU).

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Senatorin Jutta Blankau zieht strengere Regelungen zur Bekämpfung von Leerstand und eine Erweiterung der Auskunftspflicht in Betracht. Aufgrund der finanziellen Lage könne das Personal der Bezirksämter derzeit aber nicht aufgestockt werden. Grote ist dennoch zufrieden: „Die Dinge bewegen sich in die richtige Richtung, auch wenn wir uns ein höheres Tempo wünschen. Entscheidend ist im Moment, dass die Leerstände beim Bezirksamt angezeigt werden.“

Laut Sprecherin Glahn vom Bezirksamt Nord nehmen Hinweise von Dritten auf Leerstand inzwischen zu. „Jedem Hinweis wird nachgegangen. Wir haben aber nicht genügend Personal, um eigene Erkundungen anzustellen und Leerstand aktiv aufzuspüren“. Glahn appelliert deshalb an die Hamburger: „Wir sind auf die Hilfe der Bürger angewiesen.“